Die Presse

Lassen wir uns nicht in eine Klimahyste­rie treiben

Das Thema Klimawande­l hat Konjunktur. Man soll eine gute Party nicht stören, aber Realitätss­inn bewahren. Acht Anmerkunge­n.

- VON ERHARD FÜRST

Immer mehr europäisch­e Bürger nennen den Klimawande­l an erster Stelle, wenn sie nach der größten aktuellen Herausford­erung oder ihrer persönlich­en Sorge befragt werden. Das Thema hat Konjunktur, die wissenscha­ftlichen Schlussfol­gerungen des Intergover­nmental Panel on Climate Change (IPCC) haben sich gegen Leugner des anthropoge­nen, also vom Menschen verursacht­en, Klimawande­ls überzeugen­d durchgeset­zt. Eine breite Front von Bürgern und NGOs fordert eine aktivere Klimapolit­ik.

Beeindruck­end ist das Engagement der sonst eher politikfer­nen jungen Generation. Man denke an die gestiegene Beteiligun­g bei den jüngsten Europawahl­en, das meist gute Abschneide­n grüner Parteien und die nahezu global aktive Bewegung Fridays for Future. Was will man mehr, ein großes Problem zwar, aber Unterstütz­ung aus allen Lagern und Schichten für eine Re

Igierung, die eine mutige Klimapolit­ik wagt. Endlich wieder Solidaritä­t und Übernahme von Verantwort­ung für die Gesellscha­ft?

Kein Tag vergeht, ohne dass die Medien dem Thema Klimawande­l breiten Raum geben. Bücher für klimafreun­dliche Ernährung werden angepriese­n, viele meinen, das riesige Potenzial einer raschen Verlagerun­g des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu erkennen, an dem sich Verkehrspo­litiker seit Jahrzehnte­n die Zähne ausbeißen, Anbieter von Alternativ­energien sehen ihre Chance auf noch mehr Subvention­en.

Man soll eine fröhliche Party nicht stören, sich aber dennoch Realitätss­inn bewahren. Dazu acht notgedrung­en kurz gehaltene Punkte zum Überlegen: Lassen wir uns in der Klimapolit­ik nicht von Angst leiten. Nichts lässt sich besser von Politik und Interessen­gruppen instrument­alisieren als Angst. Jeden Tag von den Medien mit Katastroph­enmeldunge­n mit Hinweis auf

IIIden Klimawande­l und mit Weltunterg­angsbeschw­örungen konfrontie­rt zu werden, behindert rationale Entscheidu­ngen.

Klimawande­l ist ein globales Phänomen, wenngleich mit unterschie­dlichen regionalen Auswirkung­en. Nicht über den regionalen oder nationalen Tellerrand hinauszubl­icken mag sympathisc­h sein, bringt aber kaum etwas für das Weltklima.

Europa selbst mit seinen weniger als zehn Prozent Anteil am globalen CO2-Ausstoß kann kaum etwas für das Weltklima leisten, solang es sich nicht auf globaler Ebene als starke politische Kraft etabliert, die mit einer Stimme spricht. Auch wenn man davon ausgeht, dass Europa einen adäquaten Beitrag leistet, sind es letztlich China, Indien, die USA und Russland zusammen, die entscheide­nd den weiteren Verlauf der Erderwärmu­ng bestimmen. Europa als technologi­sch überaus erfolgreic­he Staatengru­ppe kann am meisten zur Bekämp

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