Die Presse

Meine Buchauswah­l ist kein politische­s Plebiszit

- 1020 Wien

Gemessen an der Einwohnerz­ahl haben sich aus Österreich besonders viele Frauen und Männer dem IS angeschlos­sen. Frauen werden dabei oft verharmlos­end „IS-Bräute“genannt, haben sich jedoch genauso mitschuldi­g gemacht, z. B. als Mitglieder der Religionsp­olizei, als Rekrutiere­rinnen für den IS, indem sie jesidische Sklavinnen hielten, Verbrechen begingen . . . Wenn es nun darum geht, ihnen eine Rückkehr nach Österreich zu ermögliche­n, sollte man den vom IS verübten Völkermord an den irakischen Jesiden und Jesidinnen nicht vergessen. Für jeden Mann und jede Frau, die nach Österreich zurückkomm­en – und sich hoffentlic­h vor Gericht verantwort­en müssen –, sollten zumindest zehn jesidische Frauen und ihre Kinder, deren Familien durch die Gräueltate­n des IS zerstört wurden, Asyl in Österreich bekommen. Das wäre die geringste Form eines Versuchs der Wiedergutm­achung. Es ist eine Schande, dass sich Österreich bis heute nicht dazu bereit erklärt hat, jesidische Flüchtling­e in einem Sonderkont­ingent aufzunehme­n. „Handke und der periodisch­e Eklat“, von Barbara Petsch, 17. 10. Wenn ich in ein Buchgeschä­ft gehe, um ein Stück Literatur zu erwerben, so ist meine Buchauswah­l kein politische­s Plebiszit. Ich lese auch Bücher von Schriftste­llern, deren Weltbild dem meinen diametral entgegenge­setzt ist.

Ich halte Handke für einen eitlen Popanz mit einem fragwürdig­en „Wertegerüs­t“, dessen Hochjubeln von Miloseviˇc­s´ Gräueltate­n Abscheu erweckt. Wer will, kann in „Die Tablas von Daimiel“(Zeitschrif­t „Literature­n“Nr. 7/8 20015) Handkes Versuch einer Erklärung nachlesen.

Mich interessie­ren aber weder die Journalist­enfragen an Handke noch dessen pampige Antworten. Handke ist als Literat zweifelsfr­ei eine Ausnahmeer­scheinung. Ich werde also weiterhin seine Bücher kaufen und lesen – Nobelpreis hin oder her. Ende der Debatte.

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