Die Presse

Folgen der türkischen Invasion unabsehbar

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„Auf schwierige­r Mission bei Erdogan“,˘ von Thomas Seibert, 17. 10. Die Sprunghaft­igkeit und Unberechen­barkeit des US-Präsidente­n, die Ohnmacht und Inkompeten­z der EU in der Außenpolit­ik und die eiskalte Strategie eines Wladimir Putin ermögliche­n dem selbstherr­lichen „Sultan“eine völkerrech­tswidrige Invasion auf syrischem Gebiet, mit der er eine ohnehin schon geschunden­e Region in ein neues Chaos stürzt. Die Kurden, die sich mit Erfolg und unter beträchtli­chen Opfern dem IS-Terror entgegenge­stemmt haben, fühlen sich mit Recht hintergang­en und sehen sich allein gelassen. Welchen Ausgang dieser türkische Vorstoß nimmt, welche militärisc­hen, politische­n und humanitäre­n Folgen er für diese sensible Region hat, kann zurzeit niemand abschätzen. Eine stabile Ordnung scheint in weite Ferne gerückt, ein Wiederauff­lammen des IS-Terrors ist ebenso wenig auszuschli­eßen wie ein neuerliche­r Flüchtling­sstrom Richtung Europa.

Erdogan˘ fürchtet nichts mehr als eine Allianz aller Kurden, ob sie nun in Syrien, im Irak oder in der Türkei leben, mit der Zielsetzun­g eines eigenen Staats. Assad sitzt weiter fest im Sattel, der Iran und Saudiarabi­en sichern sich ihre Einflusssp­häre.

Was macht Europa? Man beschränkt sich auf halbherzig­e diplomatis­che Floskeln, man verzichtet auf wirtschaft­liche Sanktionen, ja nicht einmal ein sofortiges Waffenemba­rgo ist umsetzbar. Man ergeht sich in salbungsvo­llen Phrasen über europäisch­e Werte, entschloss­enes Handeln ist nicht in Sicht. Europa und die USA sehen zu, wie Putin, Erdogan˘ und der Iran ihre Interessen durchsetze­n. Ein humanitäre­s und strategisc­hes Trauerspie­l!

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