Warum Sidlo gehen muss
Glücksspiel. Der Aufsichtsrat, der Peter Sidlo im März einstimmig zum Vorstand wählte, berief ihn mit großer Mehrheit „zum Wohle des Unternehmens“wieder ab.
Die Zeit von Peter Sidlo als Finanzvorstand der Casinos Austria ist vorbei. Der Aufsichtsrat hat ihn am Montag, „aus wichtigem Grund“abberufen. Das heißt: Sidlo muss sofort aus dem Unternehmen ausscheiden und hat auch keinerlei weitere Ansprüche aus seinem Vorstandsvertrag, der noch bis Mai 2022 gelaufen wäre.
Die Belegschaft der Casinos soll über seinen Rauswurf hocherfreut gewesen sein. Unmittelbar nach der Sitzung waren alle Infos zu Sidlo bereits von der Homepage gelöscht, nichts erinnert dort mehr an den Kurzauftritt des FPÖ-Mitglieds.
Vorangegangen waren dieser Entscheidung turbulente Stunden und nicht nur eine, sondern – ungeplanterweise – zwei Aufsichtsratssitzungen. Die erste begann um 8.30 Uhr. Vorstandsvorsitzende Bettina Glatz-Kremsner machte in ihrem Eingangsstatement deutlich, dass die derzeitige Situation für das Image der Casinos katastrophal und für die Mitarbeiter unerträglich sei. Nach den Vorfällen rund um Sidlos Bestellung herrsche in der Belegschaft Empörung darüber, dass die Verantwortlichen, konkret der Aufsichtsrat, bis dato noch nicht reagiert hätten. Sie mögen nun rasch eine Entscheidung fällen, so der Appell der Casinos-Chefin.
Persilschein für Aufsichtsrat
Doch bevor es dazu kam, präsentierte Rechtsanwalt Georg Schima dem Gremium die Ergebnisse seiner Untersuchung. Die Casinos hatten ihn beauftragt, einerseits zu untersuchen, ob der Aufsichtsrat im Zuge der Trennung von den Altvorständen Alexander Labak und Dietmar Hoscher seine Kompetenzen überschritten hatte, und andererseits, ob er bei der Bestellung von Sidlo gegen das Gesetz verstoßen hatte. „Nein, das hat er in beiden Fällen nicht“, so das Ergebnis von Schima. Alles sei korrekt abgelaufen. Weder hätten Hoscher und Labak bei ihrem Ausscheiden zu viel Geld erhalten, noch habe etwas gegen die Bestellung von Sidlo gesprochen. Für den Aufsichtsrat ist das quasi ein Persilschein, der ihn davor bewahren soll, von den Eigentümern schadenersatzrechtlich belangt zu werden. Diese Gefahr besteht durchaus, wenn das Kontrollorgan seiner wichtigsten Aufgabe nicht nachkommt: nämlich bei der Bestellung des Vorstands dafür Sorge zu tragen, dass der beste Kandidat für das Unternehmen ausgewählt wird. Das ist Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner und seinen Kollegen auch durchaus bewusst.
Noch vor Kurzem hatte Glatz-Kremsner übrigens betont, wie es mit Sidlo weitergehen werde, hänge von dem Gutachten der Experten ab. Doch in der Zwischenzeit scheint nicht nur ihr, sondern auch den meisten Aufsichtsräten klar geworden zu sein, dass Sidlo nicht mehr tragbar ist. Die Meinung von Rechtsanwalt Stephan Frotz, der von den Casinos mit der Überwachung der Untersuchung von Schima beauftragt worden ist, dürfte dabei eine Rolle gespielt haben. Er erörterte während der Sitzung, dass Sidlo seiner Meinung nach nie die rechtlich notwendige Eignung gehabt hätte, um Casinos-Finanzvorstand zu werden. Aber auch unabhängig davon, sei dieser nicht mehr tragbar, so Frotz. Denn Sidlo sei gegenüber dem Aufsichtsrat nicht ehrlich gewesen, weil er ihm gegenüber behauptet habe, nichts von politischen Absprachen rund um seine Bestellung gewusst zu haben. Die Chat-Protokolle der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hätten jedoch das Gegenteil zutage gebracht, so Frotz.
Als ein Vertreter der Belegschaft und einer der tschechischen Sazka-Gruppe schließlich den Antrag stellten, Sidlo abzuberufen, soll sich Aufsichtsrats-Vize Harald Neumann, der auch NovomaticChef ist, dagegen gesträubt haben. Die Abberufung von Sidlo stehe nicht auf der Tagesordnung, deshalb könne darüber nicht abgestimmt werden, argumentierte Neumann. Daraufhin beendete Rothensteiner die Sitzung und machte von seinem Recht gebrauch, in dringenden Fällen jederzeit eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einzuberufen. Zehn Minuten später begann die zweite Sitzung, mit dem Tagesordnungspunkt „Abberufung Sidlo“. Bis auf ein Aufsichtsratsmitglied stimmten alle für die Entlassung Sidlos. Rothensteiner und seine Vertreter Neumann und Josef Pröll enthielten sich ihrer Stimme. Alle drei werden nämlich von der WKStA verdächtigt, im Zusammenhang mit Sidlos Bestellung Untreue begangen zu haben. Eine unbefangene Stimmabgabe scheint in dieser Konstellation unmöglich. Nach der Abstimmung informierte Rothensteiner Sidlo telefonisch von seinem Rauswurf.
Offen ist derzeit noch, wie sich dieser nun verhalten wird. Wahrscheinlich ist, dass er gegen seine Abberufung Klage bei Gericht einbringen wird, um nicht völlig leer auszugehen. Am Ende der Aufsichtsratssitzung versicherten einander übrigens alle Anwesenden, es mögen nun ruhigere, friedlichere Zeiten in den Casinos anbrechen. Am 10. Dezember findet eine außerordentliche Hauptversammlung statt. Ob der vereinbarte Frieden hält, wird sich also schon bald zeigen.
Sidlo wurde mit sofortiger Wirkung abberufen und scheidet ohne weitere Ansprüche aus.“
Mitteilung der Casinos Austria