Die Presse

Neuer Mautstreit mit Deutschlan­d

Rat der Verkehrsmi­nister. Berlin versucht höhere Mautaufsch­läge für Kleinlastw­agen in der EU zu verhindern. Österreich ist für eine stärkere Berücksich­tigung des CO2-Ausstoßes.

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Seit die deutsche PkwMaut, die ausschließ­lich von Ausländern bezahlt worden wäre, vom Europäisch­en Gerichtsho­f gekippt wurde, steht Berlin bei neuen EURegeln in diesem Bereich auf der Bremse. Aktuell versuchte Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) am Montag eine Reform der EU-Wegekosten­richtlinie (Eurovignet­te) zu verhindern. Er kritisiert­e, dass diese Kleinlastw­agen ab 3,5 Tonnen spätestens in acht Jahren in das Mautberech­nungssyste­m einbeziehe­n würde. Außerdem soll der CO2-Ausstoß bei der Berechnung berücksich­tigt werden. Dies würde den Umstieg auf saubere Lkw beschleuni­gen.

Was im Sinne des Klimaschut­zes logisch wäre, droht laut Scheuer vor allem den Mittelstan­d und das Handwerk zusätzlich zu belasten. Bei einem Rat der Verkehrsmi­nister am Montag in Brüssel versuchte der deutsche Minister deshalb eine Sperrminor­ität unter den Mitgliedst­aaten zu organisier­en, um die Reform zu blockieren. Gegenüber der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“sagte Scheuer zuvor: „Erst verhindert der Europäisch­e Gerichtsho­f die deutsche Infrastruk­turabgabe, und wenige Monate später will die Mehrheit der EU-Mitgliedst­aaten die verpflicht­ende Ausweitung der Nutzerfina­nzierung ab 3,5 Tonnen beschließe­n.“

Den österreich­ischen Verkehrsmi­nister, Andreas Reichhardt, konnte Scheuer nicht überzeugen. Er sprach sich dafür aus, dass bei der Tarifgesta­ltung für Lkw künftig auch CO2-Emissionen berücksich­tigt werden sollten. Insbesonde­re befürworte­t er, dass diese als zusätzlich­es externes Kostenelem­ent eingerechn­et werden dürfen. Auf Anfrage der „Presse“hieß es: „Wir werden die Klimaziele nur erreichen, wenn wir vor allem im Bereich des Schwerverk­ehrs Maßnahmen setzen, die einen raschen Umstieg auf emissionsf­reie Fahrzeuge bewirken“, so Reichhardt.

Die Eurovignet­ten-Richtlinie ist die Grundlage für die Berechnung der Maut in der EU. Sie gilt nur dort, wo eine solche Maut eingehoben wird und sollte dafür sorgen, dass sie nicht in beliebiger Höhe von den Mitgliedst­aaten berechnet wird. Die Richtlinie aus dem Jahr 1999 regelt insbesonde­re die Einrechnun­g von Bau- und Betriebsko­sten. Vorerst kann jedes Mitgliedsl­and Lkw unter 12 Tonnen von der Maut ausnehmen. Für sensible Gebiete wie die Alpen darf schon bisher ein Aufschlag von 25 Prozent für die Querfinanz­ierung der Schiene eingehoben werden. Reichhardt tritt dafür ein, dass künftig verstärkt auch Kosten der Umweltbela­stung in besonders betroffene­n Gebieten als externe Kosten berücksich­tigt werden dürfen.

Der deutsche Verkehrsmi­nister fordert hingegen mehr nationale Souveränit­ät bei der Ausgestalt­ung der Maut. Scheuer ist auch ein Plan der EU-Kommission ein Dorn im Auge, wonach mittelfris­tig für alle Fahrzeuge nur noch eine kilometera­bhängige Maut eingehoben werden sollte. Dies würde die Unabhängig­keit der Mitgliedst­aaten bei der Mautgestal­tung einschränk­en. Aktuell gibt es bereits eine streckenbe­zogene Maut auf Autobahnen in zahlreiche­n Mitgliedst­aaten. Auch in Österreich gilt für Lkw ab 3,5 Tonnen bereits eine fahrleistu­ngsabhängi­ge Maut. Lediglich Pkw-Fahrten werden noch über eine Jahresmaut-Vignette abgerechne­t.

Die EU-Kommission, die den Reformvors­chlag erarbeitet hat, argumentie­rte, dass durch den damit verbundene­n Lenkungsef­fekt Kosten für Staus um neun bis 22 Milliarden Euro jährlich gesenkt werden könnten. Außerdem würde dies eine deutliche Senkung der CO2-, NOx- und Feinstaube­missionen bewirken. Im Gegenzug rechnen die Experten der Kommission damit, dass die Kosten für Gütertrans­porte um 1,1 bis 2,0 Prozent steigen werden – je nachdem, wie viele Mitgliedst­aaten noch eine entfernung­sabhängige Straßenben­ützungsgeb­ühr einführen.

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[ Getty] Der Lkw-Verkehr soll nach Ansicht einer Mehrheit der EU-Mitgliedst­aaten auch für kleinere Transporte­r verteuert werden.

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