Die Presse

Rücksichts­loser Endkampf um Idlib

Syrien. Bei Gefechten zwischen Islamisten und Regierungs­truppen sollen mehr als 100 Menschen getötet worden sein. Verletzte bei Anschlag auf russische Militärpol­izei.

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Damaskus/Moskau. Die syrische Nordwestpr­ovinz Idlib ist Schauplatz einer Entscheidu­ngsschlach­t ohne Rücksicht auf Verluste. Seit vergangene­m Samstag sollen in dem Gebiet, das als letzter Rückzugsor­t islamistis­cher Rebellen gilt, nach Angaben von Aktivisten und Rettern mehr als 100 Menschen getötet worden sein. Darunter seien auch zehn Zivilisten gewesen. Truppen der syrischen Regierung von Präsident Bashar al-Assad hätten sich in Idlib über das Wochenende schwere Gefechte mit Rebellen geliefert, teilte die syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte mit.

Die Truppen seien dabei von russischen und syrischen Kampfflugz­eugen und durch Artillerie unterstütz­t worden. Syrische und russische Jets hätten unter anderem einen Markt in Sarakib östlich von Idlib sowie den Ort Marat al-Numan angegriffe­n. Nach Angaben der Rettungsor­ganisation Weißhelme wurden dabei mindestens zehn Zivilisten getötet. 18 weitere Zivilisten seien verletzt worden, darunter zwei Kinder, sagte der Weißhelme-Sprecher für Idlib der Deutschen PresseAgen­tur nach den Angriffen am Montag.

Syrische Regierungs­truppen haben bereits im Frühling eine Offensive gegen die letzte große Rebellenho­chburg in Idlib und der benachbart­en Provinz Hama begonnen. In den vergangene­n Monaten hat die Regierung dabei strategisc­h wichtige Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht. Beherrscht wird das Rebellenge­biet von der al-Qaida-nahen Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS). Syrien und dessen Verbündete­r Russland argumentie­ren, mit den Angriffen Terroriste­n zu bekämpfen. Tausende Menschen ergriffen im Zuge der Kämpfe die Flucht.

Die Zahl der Todesopfer über das Wochenende sei die höchste seit Inkrafttre­ten einer Waffenruhe im August, teilten die Aktivisten der Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte mit. Die Beobachtun­gsstelle sprach von Hunderten Luftangrif­fen seit Freitag.

Seit Beginn der Offensive im April seien mehr als 4600 Menschen getötet worden, darunter mehr als 1200 Zivilisten. Erneut seien durch die Gefechte und Luftangrif­fe nun Anrainer vertrieben worden, die in Richtung der syrisch-türkischen Grenze geflüchtet seien.

Angriff auf Militärpat­rouille

Zu einem Bombenansc­hlag auf die in Syrien befindlich­e russische Militärpol­izei kam es am Montag nahe der Ortschaft Koran (Bezirk Kobani). In der syrisch-türkischen Grenzregio­n führen russische und türkische Polizeibeh­örden seit 1. November Patrouille­nfahrten durch. Darauf hatten sich der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan,˘ und sein russischer Kollege Wladimir Putin bei Verhandlun­gen im Oktober in Sotschi geeinigt. Die Bombe soll in Heimarbeit hergestell­t worden sein.

Das russische Verteidigu­ngsministe­rium gab am Montag bekannt, dass die Männer nur leichte, „keine kritischen“Verletzung­en davongetra­gen hätten. Das gepanzerte Fahrzeug sei beschädigt worden. (ag./som)

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