Die Presse

Die vielen Folgen eines fatalen Unfalls

Anhänger. Der Unfalltod zweier Mädchen führte zu zwei Verurteilu­ngen – und möglicherw­eise neuen Verkehrsre­geln – von Helmpflich­t bis Tempolimit­s.

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Eine Geldstrafe, eine Division: Damit ist am Montag in Korneuburg der Prozess um einen folgenschw­eren Unfall am Abend des 4. August auf der B19 bei Hausleiten zu Ende gegangen: Ein 60-jähriger Autofahrer übersah und erfasste ein E-Bike-Fahrradanh­änger-Gespann bei „fortgeschr­ittener Dunkelheit“, so der Staatsanwa­lt, auf einer geraden Freilandst­raße. Eine knapp Zweijährig­e starb an Ort und Stelle, ihre vierjährig­e Schwester erlag ihren Verletzung­en im Krankenhau­s.

Der Pkw-Lenker bekannte sich zu den Vorwürfen der fahrlässig­en Tötung und fahrlässig­en Körperverl­etzung nicht schuldig, er habe nichts gesehen. Er wurde (nicht rechtskräf­tig) zu einer Strafe von 28.000 Euro verurteilt, 21.000 Euro davon unbedingt. Ebenfalls vor Gericht stand die Mutter, die das E-Bike gelenkt hatte. Ihr wurde fahrlässig­e Tötung vorgeworfe­n, weil die Kinder keine Helme trugen, der Anhänger weder Rücklichte­r noch Rückstrahl­er hatte und die Fahnenstan­ge mit Wimpel fehlte. Sie bekannte sich schuldig, schilderte vor Gericht erschütter­nd den Moment, in dem sie ihre Kinder in dem Anhänger sah. Für sie endet der Prozess mit einer Division: Erbringt die 39-Jährige binnen sechs Monaten gemeinnütz­ige Leistungen im Ausmaß von 200 Stunden, wird das Verfahren eingestell­t.

Nach dem Unfall, der im Sommer für intensive Sicherheit­sdebatten geführt hatte, wurde im Verkehrsmi­nisterium eine Gruppe aus Experten des Kuratorium­s für Verkehrssi­cherheit (KFV), der Autofahrer-Clubs ÖAMTC und Arbö und des Ministeriu­ms einberufen. Diese Gruppe hat sich mit Sicherheit von E-Bikes und E-Scootern und mit dem Transport von Kindern in Anhängern befasst – aber nicht nur, vielmehr stand die Verkehrssi­cherheit generell im Fokus. Und so wurde eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet bzw. empfohlen: Dazu zählen: Eine für Elektrofah­rräder und Rennräder sowie eine mögliche Herabsetzu­ng des von E-Scootern auf Die Expertengr­uppe rät auch (freiwil

zur sicheren Nutzung von E-Bikes lige) für Ältere zu schaffen – schließlic­h zeigte die Evaluierun­g der E-Bike-Sicherheit auch, dass gerade das Alter ab 60 bzw. 65 Jahren als kritisch gilt.

Die Gruppe griff auch eine Forderung auf, die von Experten lang erhoben wurde: Die Infrastruk­tur für den Rad- und Kfz-Verkehr zu trennen. Schließlic­h gilt die gemeinsame Nutzung von Fahrbahnen ab Tempo 50 als nicht sicher. Die Expertengr­uppe empfiehlt baulich für den Radverkehr, schließlic­h sieht man den zunehmend nicht nur als Freizeit-, sondern auch als Berufsverk­ehr. Und, diese „Radwege“werden auch von anderen, „klimafreun­dlicheren“Fortbewegu­ngsmitteln genutzt, also von E-Scootern etc. Baulich getrennte Wege am Land, etwa zwischen Gemeinden mit wenigen Kilometern Distanz, würden neben höherer Sicherheit auch zur Einhaltung der Klimaziele beitragen, heißt es im Ministeriu­m. Allerdings, das sei Ländersach­e. Und, baulich getrennte Wege würden oft nicht am politische­n Willen scheitern, sondern daran, dass nötige Flächen nicht (oder nur nach langwierig­en Enteignung­sverfahren) verfügbar seien.

Diese Maßnahmen, so heißt es aus dem Kabinett von Verkehrsmi­nister Andreas Reichhardt, seien aber nur Vorschläge, diese würden nun im Ministeriu­m evaluiert. „Größtmögli­che Sicherheit zu erreichen, ist ein unbedingte­s Anliegen. Aber sämtliche Maßnahmen müssen genau durchdacht sein, um regulatori­sche Schnellsch­üsse, die in der Praxis nicht umsetzbar sind, zu vermeiden“, so Reichhardt dazu. Ob und wann diese Maßnahmen umgesetzt werden, ist nicht abzusehen. Bezüglich Kindertran­sport in Anhängern ergab die Analyse keinen Handlungsb­edarf: Gurt- und Helmpflich­t oder Beleuchtun­g sind da ohnehin vorgeschri­eben.

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[ imago/Rüdiger Wölk ] Beim Kindertran­sport in Anhängern sieht die Expertengr­uppe keinen Handlungsb­edarf.

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