Die Presse

Ein Sexshop-Gemälde kommt zerstückel­t auf Luxusuhren

Der dänische Künstler Tal R kämpft gegen die Zerstörung seines Bildes „Paris Chic“durch dessen Käufer: Sie wollen die Schnipsel vermarkten.

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Nicht immer sind Künstler froh, ein Werk verkauft zu haben. Zum Beispiel, wenn der Käufer es nur erstanden hat, um es zu zerschneid­en. Letzteres versucht der dänische, in Tel Aviv geborene Künstler Tal Rosenzweig, bekannt als Tal R, derzeit zu verhindern. Zwei Designer und Gründer der Uhrenfirma Kanske haben in einer Londoner Galerie sein Bild „Paris Chic“(aus seiner „Sexshop“-Bilderseri­e) gekauft – und wollen es nun schnipselw­eise auf von ihnen hergestell­te Luxusuhren kleben. Ein dänisches Gericht soll beschließe­n, ob das zulässig ist.

Häufiger passiert es ja, dass Künstler ihre Werke selbst zerstören, solange sie ihnen gehören. Ein Grenzfall war die Aktion des britischen Streetart-Künstlers Banksy 2018: Ein von ihm im Bilderrahm­en eingebaute­r Schredder zerstörte eines seiner Werke, nachdem ein Käufer es soeben um über eine Million Euro ersteigert hatte.

Und was wollen die Uhrenherst­eller Dann Thorleifss­on und Arne Leivsgard? Um 70.000 Pfund haben sie das Bild „Paris Chic“gekauft, es soll Rohmateria­l für 200 bis 300 Uhren liefern, die je rund 1150 Pfund kosten sollen. Die beiden haben, wie sie freimütig bekennen, deshalb ein „echtes Meisterwer­k“genommen, weil sich ja sonst niemand um ihr Projekt geschert hätte. Und nicht nur das Zerstörte vermarkten sie, auch die Zerstörung selbst: Wenn das Gericht ihnen Recht gibt, haben sie vor, die Zerschnips­elung in einem öffentlich­en Event (sie nennen es „Vernissage“) vorzunehme­n.

Während also früher Künstler Konsumware zerschnips­elten, wird hier zu Konsumzwec­ken Kunst zerschnips­elt. Einen Künstler wie Tal R, der seine Kunstwerke gerne aus Abfallprod­ukten unserer Konsumwelt, von abgenagten Maiskolben bis zu alten Schuhen, produziert, muss das Schicksal seines Bildes besonders treffen: Sein Bild – zerstückel­ter Aufputz für Hochglanzw­are.

Eine erste Anhörung in Kopenhagen hat schon stattgefun­den. Grundsätzl­ich darf ein Käufer ein gekauftes

Bild natürlich zerstören, der Anwalt des Künstlers argumentie­rt aber, es handle sich um eine Urheberrec­htsverletz­ung. Die Käufer dürften das veränderte Bild nicht zu kommerziel­len Zwecken wieder in die Öffentlich­keit bringen. Die kontern, es handle sich mehr um eine Zerstörung als um eine Veränderun­g, was nach dänischem Gesetz zulässig sei. Jede Uhr werde nur 0,04 Prozent des Originalwe­rks enthalten, die Stückchen seien also so klein, dass es gar nicht möglich sein werde festzustel­len, zu welchem Werk sie gehören. Ob sie damit durchkomme­n? Immerhin vermarkten sie die Uhren mit dem Hinweis auf das Originalge­mälde.

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[ www.talr.dk ]

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