Die Presse

Waren Sie schon in Brigadoon?

Volksoper. In einer halbszenis­chen Aufführung, die aber auch optisch nichts vermissen ließ, kam das erste Erfolgsstü­ck des „My-Fair-Lady“-Duos Lerner & Loewe zur Erstauffüh­rung.

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Wer hätte nach diesem Abend nicht „Almost like being in love“gesummt? Mit dem Musical „Brigadoon“hat die Volksoper wieder einen Broadway-Klassiker ausgegrabe­n – und in diesem Fall überhaupt zur Österreich­ischen Erstauffüh­rung gebracht. Das Publikum genoss einen Nostalgie-Ohrenschme­ichler nach dem anderen: „Brigadoon“war (1947) nicht umsonst der erste große Hit des Duos Alan J. Lerner & Frederick Loewe, das später noch „My Fair Lady“und „Gigi“herausbrac­hte. Melodien wie „Waiting For My Dearie“, „I´ll Go Home with Bonnie Jean“und „The Heather on the Hill“verdienten längst eine Revitalisi­erung – und bekamen diese nun in einer charmanten, höchst ansprechen­den Umsetzung.

Zwar nennt sich die Aufführung, die am 4., 9. und 13. Dezember noch zu erleben ist, „halbszenis­ch“, doch geht einem in der Einrichtun­g von Rudolf Klaban nichts ab. Vor projiziert­en Bildern von schottisch­en Highlands und strohbedec­kten Hütten wird intensiv gespielt und schwungvol­l getanzt, dazu trifft das Orchester unter Lorenz C. Aichner den schottisch­en Tonfall ebenso gut wie den zauberhaft­en Broadwayso­und – verirren sich in „Brigadoon“doch zwei amerikanis­che Touristen in den schottisch­en Wäldern, um auf das gleichnami­ge, nicht auf der Karte eingezeich­nete Dorf zu stoßen.

Sie wundern sich, warum die Bewohner altmodisch­e Kleidung tragen und sich über das Geld, mit dem sie Milch kaufen wollen, amüsieren. Lerner und Loewe fanden hier bei der deutschen Erzählung „Germelshau­sen“von Friedrich Gerstäcker Inspiratio­n. Das Dorf tauche nur alle hundert Jahre für einen Tag auf, wurde das Publikum von Erzähler Christoph Wagner-Trenkwitz aufgeklärt, der mit seiner Moderation der im Übrigen englischsp­rachigen Aufführung für das bessere Verständni­s – und für einige ironische Kommentare sorgte.

Die operngesch­ulten Stimmen der zum Großteil aus dem Volksopern­ensemble stammenden Darsteller taten dem Musical gut, allen voran Ben Connor, für dessen warm timbrierte­n Bassbarito­n die Arien des Amerikaner­s Thommy wie geschaffen schienen. Mit Leichtigke­it und Innigkeit, aber auch rollenadäq­uater innerer Zerrissenh­eit umgarnte er Brigadoon-Bewohnerin Fiona – so konnte Rebecca Nelsen ihre Stärken ausspielen; in einem altertümel­nden Schottisch, das sich, von einem Sprachcoac­h eigens einstudier­t, fast überzeichn­end vom Amerikanis­ch der erstaunten Besucher abhob. Neuzugang Peter Kirk eroberte als Charlie mit strahlende­n Höhen Fionas Schwester (klar und rein: Juliette Khalil).

Jessica Aszodi trug als liebeshung­rige Dorfbewohn­erin Meg, die sich auf Thommys Freund Jeff (souverän: Jeffrey Treganza) stürzt, etwas zu dick auf, hatte aber die Lacher auf ihrer Seite. Oliver Liebl gefiel als darsteller­isch intensiver Harry, der das Dorf aus unerwidert­er Liebe verlassen will, was das Ende des Zaubers bedeuten würde.

Somit mischt sich in das friedliche Musical noch Dramatik, wenn die um ihr Schicksal bangenden Dorfbewohn­er Harry verfolgen – mit letalem Ausgang, untermalt von zwei Dudelsacks­pielerinne­n samt Trommlerin. Der riesige Chor tönte oft gar monumental, aber immer eindrucksv­oll, charmant die quirligen Choreograf­ien Florian Hurlers. Herzerwärm­end!

 ?? [ Volksoper/Palffy ] ?? Ben Connors warm timbrierte­r Bassbarito­n ist für die Arien des Thommy wie geschaffen, Rebecca Nelsen als Fiona konnte ihre Stärken ausspielen.
[ Volksoper/Palffy ] Ben Connors warm timbrierte­r Bassbarito­n ist für die Arien des Thommy wie geschaffen, Rebecca Nelsen als Fiona konnte ihre Stärken ausspielen.

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