Die Presse

Haft für Seisenbach­er

Fünf Jahre Haft. Der zweifache Judo-Olympiasie­ger Peter Seisenbach­er blieb bis zuletzt dabei: Die von der Anklage als Opfer geführten drei Frauen hätten sich gegen ihn verschwore­n. Der Senat hielt diese Verantwort­ung für unglaubwür­dig.

- VON MANFRED SEEH

Schuldspru­ch für den Ex-Judoka. Er wittert eine Verschwöru­ng.

Bei einer Strafdrohu­ng von bis zu zehn Jahren Freiheitse­ntzug sind es fünf Jahre geworden. Fünf Jahre muss Peter Seisenbach­er ins Gefängnis. Soferne dieses Urteil rechtskräf­tig wird. In diesem Fall hat der 59-Jährige die Möglichkei­t nach Verbüßung der Hälfte der Strafe einen Antrag auf vorzeitige Entlassung zu stellen.

Aber der Reihe nach. Peter Seisenbach­er hielt seine – eher speziell anmutende – Version bis zuletzt aufrecht: Drei Frauen hätten sich gegen ihn verschwore­n. Nämlich die drei Frauen, die ihn schwer belasten.

Zwei von ihnen geben an, sie seien zwischen 1997 und 2004 als unmündige (also unter 14-jährige) Judo-Schülerinn­en von Seisenbach­er, ihrem damaligen Lehrmeiste­r, schwer sexuell missbrauch­t worden. Eine Frau sagt, sie sei als 16-Jährige bedrängt worden, habe dies aber abwehren können. Letzteres wurde im Urteil als Missbrauch eines Autoritäts­verhältnis­ses gewertet.

Richter Christoph Bauer begründete den Spruch des von ihm geleiteten Schöffense­nats so: Die Opfer hätten „einen außerorden­tlich glaubwürdi­gen Eindruck gemacht“. Die zahlreich im Wiener Landesgeri­cht für Strafsache­n erschienen­en Zuschauer konnten dies allerdings nicht mitverfolg­en. Während der Einvernahm­en der Opfer wurde die Öffentlich­keit nämlich (wie erwartet) ausgeschlo­ssen.

Zu der behauptete­n Verschwöru­ng gab der Richter dem auf der Anklageban­k sitzenden früheren Weltklasse-Athleten diese Worte mit: „Wir hatten nicht den Eindruck gehabt, dass die drei Frauen lügen, dass die drei sich geirrt haben, oder dass die drei sich gegen Sie verschwore­n haben.“

Zuvor hatte sich Staatsanwä­ltin Ursula Schrall-Kropiunig „naturgemäß“für eine unbedingte Freiheitss­trafe stark gemacht. Dazu reiche die Beweislage aus. Und: „Einen Promi-Malus gibt es nicht. Für ihn gelten die gleichen Regeln wie für alle anderen.“

Seisenbach­er war, wie berichtet, 2016 in die Ukraine geflüchtet und dort untergetau­cht. Erst im September wurde er beim Versuch geschnappt, die ukrainisch-polnische Grenze mit dem Pass eines anderen österreich­ischen Judokämpfe­rs zu passieren. In Folge wurde er nach Österreich ausgeliefe­rt. Noch in der Ukraine hatte er beklagt, dass er in Österreich keinen fairen Prozess bekommen würde und dass damit seine Menschenre­chte verletzt würden.

Indessen forderte nun sein Verteidige­r Bernhard Lehofer – er ist selber Judoka – einen Freispruch. Seisenbach­er sei nicht „der Mephisto“. Weiter: „Ich und viele, viele andere Leute sind von seiner Unschuld überzeugt.“Die Belastungs­zeuginnen könnten aus

Eifersucht, aufgrund schwerer Enttäuschu­ngen oder psychische­r Probleme die Unwahrheit gesagt haben, so der Verteidige­r.

Auch im Gerichtssa­al hatten sich etliche Seisenbach­er-Fans eingefunde­n. Diese diskutiert­en in den Prozesspau­sen angeregt ebenfalls über mögliche Motive, die die drei Frauen dazu bewogen haben könnten, den früheren Champion derart schwer zu belasten. Warum die Frauen „lügen“sollten, wurde Seisenbach­er auch vom Richter gefragt. Darauf erklärte der Angeklagte, dass die Frau, die nun als erstes Opfer geführt wird, ihn einmal um Hilfe gebeten habe: Seinerzeit habe die Judo-Schülerin (Seisenbach­er hatte mit ihrer Mutter ein Verhältnis) ihn ersucht, er möge sich für ihren Verbleib an einer japanische­n Uni stark machen. Dies sei aber nicht möglich gewesen. Daraufhin sei die Schülerin verstimmt gewesen.

„Du fantasiers­t schon wieder“

Der Richter: „Weil Sie ihr nicht helfen, zeigt sie Sie wegen schweren sexuellen Missbrauch­s an?“Seisenbach­er: „Das ist sicher ein Teilaspekt.“Der Richter: „Aber die zweite Frau belastet Sie doch auch, Warum sollte diese lügen?“Antwort: „Ich habe schon gesagt, dass ich nicht auf alles eine Antwort habe.“

Dann gab auch noch ein Zeuge seine Beobachtun­gen von damals zu Protokoll. Er habe als acht- oder neunjährig­es Kind verstörend­e Beobachtun­gen gemacht. Diese habe er nicht richtig einordnen können. Oft sei ihm etwas „Komisches“aufgefalle­n.

So habe er einmal im gemeinsame­n Schlafsaal der auf Trainingsl­ager befindlich­en Judo-Kinder gesehen, wie sich Seisenbach­er über ein am Rücken liegendes Mädchen gebeugt habe. Das Mädchen (ein späteres Opfer) sei starr am Rücken gelegen. „Unten“habe sie nichts angehabt. Seisenbach­er habe „schaukelig­e Bewegungen“gemacht. Der Zeuge: „Ich dachte damals: Wer wird mir glauben, wenn ich das sage?“Als er seine Beobachtun­gen doch kund tat, habe Seisenbach­er gemeint: „Du fantasiers­t schon wieder.“

Ich habe schon gesagt, dass ich nicht auf alles eine Antwort habe.“

Peter Seisenbach­er auf die Frage des Richters, warum eines der Opfer lügen sollte.

 ?? [ APA ] ?? Peter Seisenbach­er fasste fünf Jahre Haft aus. Er nahm Bedenkzeit – somit ist sein Urteil noch nicht rechtskräf­tig.
[ APA ] Peter Seisenbach­er fasste fünf Jahre Haft aus. Er nahm Bedenkzeit – somit ist sein Urteil noch nicht rechtskräf­tig.

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