Drama Nullzinsen
Währungshüter. Seit zehn Jahren erdulden Banken und Sparer die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Nun warnt die Oesterreichische Nationalbank vor negativen Konsequenzen der Niedrigzinsen. War also alles umsonst?
Wer unter dem Zinsniveau leidet, und wo noch etwas zu holen ist.
Wien. Niedrigzinsen sind eine „wachsende Herausforderung“für die Finanzmarktstabilität, warnt die Oesterreichische Nationalbank (OeNB). Die Währungshüter sorgen sich um Konjunktureintrübung und mögliche Preisblasen.
Moment einmal. Sollten nicht die Währungshüter genau das verhindern? Waren nicht Wirtschaftswachstum und höhere Preise das Ziel der anhaltenden expansiven Geldpolitik? Vor etwa zehn Jahren leitete die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer Reihe von Zinssenkungsschritten eine noch nie dagewesene Niedrigzinsphase ein. Zusätzlich kaufte die EZB massiv Anleihen ein und betrat damit geldpolitisches Neuland. Was hat es gebracht?
1 Welches Ziel verfolgt die EZB mit Nullzinsen?
Senkt die Notenbank den Leitzins, so kommen Banken günstiger an Geld, das sie wiederum auch günstiger verleihen können. Kredite werden also billiger, das führt zu mehr Investitionen und Wirtschaftstätigkeit. Diesem Lehrsatz folgend senken Notenbanker in schlechten Zeiten die Zinsen. Sie wollen damit die Konjunktur beleben. In guten Zeiten erhöhen sie die Zinsen, um die Überhitzung des Markts und Preisblasen zu verhindern.
Seit März 2016 hält die EZB ihren Leitzins auf dem Rekordtief von null Prozent. Der damalige EZB-Chef Mario Draghi wollte vor allem wirtschaftlich schwächelnden Ländern wie Spanien und Griechenland auf die Beine helfen.
2 Hat die Geldpolitik der Wirtschaft geholfen?
Es besteht zwar weitgehend Einigkeit darüber, dass diese Maßnahmen eine schlimme Rezession in Folge der Finanzkrise von 2008 verhindert haben. Aber stärkere Wachstumsimpulse blieben durch die extrem lockere Geldpolitik aus.
Das angestrebte Inflationsziel, das bei „unter, aber nahe zwei Prozent“liegt, wurde in den vergangenen Jahren stets verfehlt. Im November lag die Inflationsrate in der Eurozone im Jahresvergleich bei 1,0 Prozent.
Eine Ausnahme sind Mieten. Sie sind rasant gestiegen. Wenn viele Leute mit günstigen Krediten neue Wohnungen kaufen, steigt die Nachfrage und der Preis. Inzwischen warnt die OeNB sogar vor einer Preisblase am Immobilienmarkt. Die Nationalbank sieht bei Wohnimmobilien in Österreich eine Überbewertung von 14 Prozent. Zudem schwächelt die Konjunktur. Die OeNB rät den Banken, sich auf einen potenziellen Abschwung vorzubereiten.
3 Warum leiden Banken besonders unter den Nullzinsen?
Finanzinstitute haben kaum noch Spielraum, um mit dem Aufnehmen und Weiterverleihen von Geld etwas zu verdienen. Mittlerweile müssen sie Negativzinsen zahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Zentralbank anlegen.
Die EZB sieht einen Einlagenzins von minus 0,5 Prozent vor. Mit klassischen Sparbüchern verdienen Banken schon lang nichts mehr. Derzeit besteht die Sorge, dass Banken ihre Kosten auf die Kunden umlegen werden.
4 Ist das Sparbuch wertlos geworden?
Sparer bekommen so gut wie keine Zinsen mehr, wenn sie ihr Geld jahrelang einfach nur auf Tagesgeld- oder Festgeldkonten parken. Das betrifft immer noch viele: Die Österreicher haben Einlagen in Höhe von 270 Milliarden Euro auf ihren Sparbüchern liegen. Rechnet man die Inflation dagegen, schrumpelt das Ersparte sogar zusammen. Sich etwas zurücklegen, ist schwierig geworden.
5 Wo kann man sein Geld noch anlegen?
Früher setzte man auf Staatsanleihen. Hier zahlt man mit negativen Zinsen inzwischen sogar drauf. Alternative Geldanlagen wie Immobilien oder Aktien sind unterdessen recht heiß gelaufen, sodass sie mit hohen Risken behaftet sind. Auch bei Gold ist Vorsicht geboten. Gewinne macht man nur, wenn der Kurs des Edelmetalls steigt. Schließlich war der Kurs erst 2013 um ein Drittel eingebrochen. Beliebt sind derzeit Indexfonds und Unternehmensanleihen. Eine breite Streuung minimiert das Risiko.