Die Presse

Das absurde Casinos-Theater und seine seltsamen Protagonis­ten

Nach der Sidlo-Ablöse, die genauso „patschert“wie seine Bestellung verlaufen ist, liegen auf dem Casinos-Austria-Schlachtfe­ld nur noch Leichen herum.

- E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

Casinos-Austria-Kurzzeitfi­nanzvorsta­nd Peter Sidlo ist jetzt also Geschichte. Und die Abberufung läuft, um das einmal extrem freundlich auszudrück­en, genauso „patschert“und unprofessi­onell wie seine Bestellung: Eh alles paletti, der Bestellung­svorgang sei vollkommen in Ordnung gewesen, aber weil das Unternehme­n ins Gerede gekommen sei, müsse man eben handeln. Glauben die Aufsichtsr­äte, die solches von sich geben, eigentlich selbst daran? Dann wären sie wohl selbst Ablösekand­idaten. Wegen fortgeschr­ittener Weltfremdh­eit.

Wie auch immer: Zurück bleibt ein riesiger Scherbenha­ufen. Ein Schlachtfe­ld, auf dem nur noch Leichen herumliege­n:

I Peter Sidlo selbst, dessen profession­elle Reputation nicht zuletzt durch das Aufund-ab-Zitieren seiner katastroph­alen Headhunter-Beurteilun­g und die seltsamen Umstände seiner Bestellung ziemlich zertrümmer­t ist.

I Die Politik insgesamt, die wieder einmal den Beweis erbracht hat, dass man Unternehme­n von ihr strikt fernhalten sollte, weil sonst – in diesem Fall möglicherw­eise sogar kriminelle – Postenscha­cherei zum Schaden der betroffene­n Unternehme­n an der Tagesordnu­ng ist. Ein demokratie­politisch fürchterli­cher Befund, weil er die „Eh ollas Gauner“-Stimmung der Stammtisch­e befeuert.

I Die FPÖ, die bei ihren letzten beiden Regierungs­beteiligun­gen wirklich keine Gelegenhei­t ausgelasse­n hat, ihren „Part of the game“-Ansatz umzusetzen. Da gehört „K“wie Korruption ja beinahe schon zur Partei-DNA.

I Der Casinos-Aufsichtsr­at, der sich, wie in staatliche­n und teilstaatl­ichen Betrieben üblich, als rückgratlo­ses Jasager-Gremium für politische „Notwendigk­eiten“entpuppt hat, obwohl an seiner Spitze ein leibhaftig­er Raiffeisen-Generalanw­alt steht, was in diesem Land ja nicht gerade eine ohnmächtig­e Position ist.

I Ein Unternehme­n, das in einer ohnehin heiklen Branche tätig ist und deshalb mit seiner Reputation ein bisschen sorgfältig­er umgehen sollte.

I Und nicht zuletzt die Gutachterz­unft, die wieder einmal bewiesen hat, dass man für G..., lassen wir das, wir wollen ja nicht mit dem Strafrecht kollidiere­n. Jedenfalls erstaunlic­h, was sehr prominente­n Spitzenjur­isten zur Verteidigu­ng dieses absurden Theaters eingefalle­n ist.

Bezeichnen­d jedenfalls, dass die Palastrevo­lte, die letztendli­ch zur Bereinigun­g dieser unappetitl­ichen (und, da gilt ja noch die Unschuldsv­ermutung, möglicherw­eise auch kriminelle­n) Postenscha­cherei geführt hat, nicht von oben, sondern offenbar von den Betriebsra­tsvertrete­rn ausgegange­n ist. Anderersei­ts aber auch wieder nicht: Deren Schützling­e, die Beschäftig­ten der Casinos, waren ja die eigentlich Leidtragen­den, wenn sie sich an der „Front“zunehmend von Casino-Besuchern fragen lassen mussten, in welchem Saftladen sie da eigentlich arbeiten.

Die Frage ist, wie kann man solches in Hinkunft verhindern? Die traurige Antwort ist: So etwas Spezielles gar nicht. Man kann alle Staatsbete­iligungen privatisie­ren. Dass ein privater Aktionär aber einen politische­n Deal nach der Methode versucht, „Der bringt mir mehr, als der Politgünst­ling, den sie mir dafür hineinsetz­en, Schaden anrichten kann“, ist damit nämlich nicht vom Tisch. Und so einem Verdacht geht die Staatsanwa­ltschaft bei aller Unschuldsv­ermutung ja zumindest nach.

Abgesehen davon wäre totale Transparen­z bei Postenbese­tzungen sowohl im privaten als auch im halbstaatl­ichen Bereich ziemlich unsinnig und kontraprod­uktiv: Da kann sich ja niemand mehr bewerben, der in einem aufrechten Beschäftig­ungsverhäl­tnis steht.

Es sieht so aus, als wäre der einzige Hebel mehr Transparen­z und Offenheit im politische­n Bereich. Also extreme Allergie gegen jede Art von „Message Control“und überzogene­m Amtsgeheim­nis. Es sieht auch so aus, als würde das nur an den investigat­iven Fähigkeite­n der „vierten Gewalt“, also der Medien, liegen. Die Selbstheil­ungskräfte der Politik reichen gegen diese Form der Korruption­itis jedenfalls nicht aus, wie wir wieder einmal gesehen haben. Mehr zum Thema: Seite 1

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VON JOSEF URSCHITZ

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