Für Google bricht eine neue Ära an
Analyse. Die GoogleGründer Larry Page und Sergey Brin treten in einer heiklen Phase für den Konzern ab. Wohin kann Sundar Pichai Google führen?
Es war ein Abschied nach Maß. Gänzlich unprätentiös verkündeten Larry Page und Sergey Brin via Blog ihren Rückzug von der Spitze ihres Multi-Milliarden-Dollar-Konglomerats Alphabet. 21 Jahre nachdem sie Google aus der Taufe gehoben haben, legen die beiden legendären Gründer damit auch ihre Verantwortung in der Google-Muttergesellschaft ab. Für den Konzern, der die globale Tech-Welt in den vergangenen Jahrzehnten geprägt hat, bricht damit eine neue Epoche an. Und es wird keine ruhige sein.
Auf den ersten Blick ändert der Rückzug allerdings wenig. Die Leitung von Alphabet übernimmt mit Sundar Pichai der Mann, der bereits so ziemlich alles verantwortet, womit das Unternehmen wirklich Geld verdient. Google, YouTube, Android, Chrome – all das ist längst im Zuständigkeitsbereich des gebürtigen Inders. Nun kommen auch die ausgefalleneren Projekte dazu: vom autonomen Fahren bis zum Projekt, Internet via Ballon in die Welt zu bringen. Page und Brin haben ihrem CEO seit der Gründung von Alphabet 2015 die öffentliche Bühne bereits weitgehend überlassen. „Wir waren nie diejenigen, die an Managerrollen festhielten, wenn wir glaubten, dass es einen besseren Weg gibt, das Unternehmen zu führen. Alphabet und Google brauchen nicht länger zwei CEOs und einen Präsidenten“, erklären sie ihren Rücktritt.
Sie übergeben den Konzern allerdings in einer höchst heiklen Phase. Einerseits ist Alphabet wirtschaftlich in Höchstform. Vor allem in seinem Kerngeschäft, der Onlinewerbung, ist das Unternehmen kaum zu schlagen. Laut Forbes zählt es zu den zwanzig größten Firmen global. Der Marktwert liegt bei mehr als 800 Mrd. Dollar, der Umsatz bei 137 Mrd. Dollar. Seit der Umstrukturierung des
Konzerns und der Gründung von Alphabet hat sich der Aktienpreis mehr als verdoppelt.
Andererseits ist Google intern und extern so stark unter Beschuss wie nie zuvor. Politiker und Regulatoren in der EU, aber auch in den USA wollen die Tech-Giganten stärker zähmen, ihre wachsende Macht beschneiden. Selbst die Idee, Google oder Facebook zu zerschlagen, wird ernsthaft diskutiert. Dazu kommen interne Probleme. In der Belegschaft des Musterkonzerns rumort es seit Monaten: Sexismus, umstrittene Militäraufträge und die Zwei-Klassen-Gesellschaft im Unternehmen treiben Zigtausende Mitarbeiter dazu, öffentlich gegen den eigenen Arbeitgeber auf die Straße zu gehen.
Larry Page und Sergey Brin ersparen sich die anstehenden Kontroversen mit Politikern und Belegschaft. Sundar Pichai hingegen wird viel Energie aufwenden müssen, um Risse im Unternehmen zu kitten und die Angriffe von außen abzuwehren. Die Gefahr, dass Google dabei komplett zerrieben wird, ist durchaus real.
Das Faktum, dass Google heute Geld druckt, garantiert nämlich noch keine blühende Zukunft. Zur Erinnerung: Auch Microsoft-Gründer Bill Gates übergab sein Unternehmen 2000 in ordentlichem Zustand. Unter Steve Ballmer verdiente der Riese zwar weiter gutes Geld, verschwand aber medial und vor allem technologisch von der Bildfläche. Einer der größten Profiteure des Schwächeanfalls von Microsoft hieß übrigens Google. Heute muss es aufpassen, kein vergleichbares Schicksal zu erleiden.