AMS-Osram-Deal droht zu platzen
Akquisition. Am Donnerstag endet die Frist für die größte Übernahme in der heimischen Wirtschaftsgeschichte. Doch Hedgefonds machen den Endspurt spannend.
Die Übernahmeschlacht des Jahres befindet sich im Endspurt: Der steirische Sensorhersteller AMS will den deutschen Lichtkonzern Osram übernehmen. Mit 4,6 Milliarden Euro wäre es die größte Übernahme der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Am Donnerstag um Mitternacht läuft das Übernahmeangebot ab. Bis dahin können die Osram-Aktionäre ihre Anteile den Steirern andienen.
Doch sie tun es nicht. Nur 11,89 Prozent der Osram-Aktien wurden bis Dienstagabend eingesammelt. Einschließlich der 19,99 Prozent, die AMS selbst auf dem Markt erworben haben, kommen die Steirer nun auf 32,83 Prozent. Das reicht bei Weitem nicht. Damit die Übernahme gelingt, muss die Annahmeschwelle von 55 Prozent erreicht werden, sonst wäre auch der zweite Versuch, den Münchner Konzern zu kaufen, fehlgeschlagen. Im Oktober war AMS an der Annahmeschwelle von 62,5 Prozent gescheitert. Dank der Ausnutzung einer Gesetzeslücke bot AMS über Tochtergesellschaften und konnte somit gleich ein zweites Angebot legen. Eigentlich sieht das deutsche Börsengesetz eine Sperre für ein Jahr vor. Damit es diesmal klappt, wurde die Schwelle gesenkt. Trotzdem wird es eng.
Warum droht die Übernahme zu scheitern? Seit Sommer liefern sich die beiden Hightechkonzerne eine Übernahmeschlacht. In dieser Zeit hat sich eine Reihe von aggressiven Hedgefonds und Arbitragehändlern bei Osram eingenistet. Finanzkreisen zufolge halten sie mittlerweile knapp die Hälfte der Osram-Anteile. Die Investoren hoffen auf ein größeres Stück vom Kuchen im Anschluss an das öffentliche Verfahren, wenn AMS seine Anteile in einem zweiten Schritt auf mindestens 75 Prozent aufstocken will.
Halten sie an der Strategie fest, droht der Deal zu platzen. Trotzdem will der Halbleiterhersteller seine Konditionen nicht anpassen. Um sie zur Annahme des Angebots zu bewegen, war AMS-Chef Alexander Everke in New York und London zu Gesprächen mit den Spekulanten unterwegs. Zu Beginn der Woche hatte sich auch Osram-Chef Olaf Berlien in die Gespräche eingeschaltet. „Alexander Everke und ich arbeiten gemeinsam daran, dass das Angebot von AMS für den Zusammenschluss erfolgreich ist und die Hedgefonds ihre Aktien einreichen“, sagte er nach einem Treffen in New York.
Die Stimmung zwischen Everke und Berlien war nicht immer so warm. Lange wehrte er sich gegen die Übernahme durch den deutlich kleineren Sensorhersteller. Er führte die einstige Siemens-Tochter weg von Glühbirnen, hin zu Leuchtmitteln auf Halbleiterbasis. Zuletzt ging AMS auf Osram zu. Die versprochenen Zugeständnisse sollen von der Ex-Siemens-Vorständin Brigitte Ederer als Mediatorin überwacht werden.
Vor allem die IG Metall machte gegen die Akquisition mobil. Die einflussreiche deutsche Gewerkschaft meint, dass die Übernahme die „Existenz des gesamten, dann hoch verschuldeten neuen Unternehmens“gefährde. AMS finanziert das Unterfangen mit hohen Krediten und mit Ausgabe frischer Aktien. Der iPhone-Zulieferer hält dagegen und verweist auf seinen guten Cashflow.
Die meisten Analysten sprechen sich für den Zusammenschluss aus. Die beiden Technologiekonzerne würden sich gut ergänzen. Für das Unternehmen aus Premstätten sind vor allem die Automobiltechnologie und die Photoniksparte interessant. AMS ist auf die Erschließung neuer Märkte und Kunden angewiesen. Der Chip- und Sensorhersteller ist stark abhängig von seinem Hauptkunden, Apple. AMS muss deutlich wachsen, um sich langfristig gegen die
Konkurrenz zu behaupten. 2018 machte der Konzern 1,4 Milliarden Euro Umsatz.
Mit der Übernahme will Everke einen „europäischen Champion“schaffen. Ob die Akquisition geglückt ist, könnte erst in ein paar Tagen feststehen. Aufgrund des Clearing-Verfahrens kann die Bearbeitung aller Angebote bis zu 48 Stunden dauern. Geht das Geschäft abermals baden, will AMS für mindestens sechs Monate keine weiteren Osram-Aktien erwerben und kein weiteres Angebot vorlegen.