Was uns beim Spenden bremst
Freigiebigkeit. Warum kann man etwa für Bildung nicht steuerbegünstigt spenden? Das fragen sich viele. Aber auch Banaleres hat Menschen schon das Spenden verleidet.
Die Österreicher spenden heuer so viel wie noch nie: 700 Millionen Euro werden in diesem Jahr wohl zusammenkommen, prognostizierte der Fundraising Verband Austria anhand des aktuellen Spendenberichts. Innerhalb von zehn Jahren hat sich das Spendenaufkommen damit verdoppelt.
Indirekt hilft dabei auch der Fiskus mit. Spenden an bestimmte begünstigte Empfänger sind steuerlich absetzbar, und das wird ganz offensichtlich genützt: Von den 700 Mio. Euro, die insgesamt gespendet werden, sind laut dem Verband rund 94 Prozent oder 658 Millionen Euro spendenbegünstigt. Nur 42 Mio. Euro oder sechs Prozent verteilen sich auf steuerlich nicht begünstigte Zwecke, wie Bildung, Sport oder Tierschutz.
Nun sind aber auch das wichtige Themen – es spricht also viel dafür, dass auch dafür mehr gespendet würde, würde der Gesetzgeber die Steuerbegünstigung für Zuwendungen entsprechend ausweiten. Das bestätigt eine Studie, die Eco Austria im Auftrag des Verbandes für gemeinnütziges Stiften erstellt hat: Allein für Bildungsprojekte könnten bei einer entsprechenden Steuerbegünstigung jährlich 35 Mio. Euro mehr an Spendengeldern ausgeschüttet werden, errechneten die Wirtschaftsforscher. Die aktuelle Rechtslage sehen sie kritisch: „Vor dem Hintergrund, dass private gemeinnützige Organisationen gerade in der frühkindlichen Erziehung sowie bei bildungsfernen Schichten eine sehr aktive Rolle einnehmen und die öffentlichen Angebote komplementär ergänzen können, ist die Nichtabsetzbarkeit schwer nachvollziehbar“, konstatieren sie. Eine Einschätzung, die angesichts der durchwachsenen Ergebnisse des jüngsten Pisa-Tests noch mehr Brisanz bekommt.
Wären Spenden für Bildungsprojekte steuerbegünstigt, würde das auf längere Sicht auch den Staatshaushalt nicht belasten, betonen die Studienautoren: Zwar wäre zunächst mit einem Steuerausfall von zehn bis 15 Mio. Euro zu rechnen. Dem stünden aber in weiterer Folge Mehreinnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen, Lohn- und Einkommensteuer sowie Konsumabgaben gegenüber, weil höhere Bildung im Schnitt auch bessere Jobchancen und mehr Einkommen bedeutet. Das Fazit der Ökonomen: Private Spenden für Bildungsprojekte steuerlich zu begünstigen, würde sich für den Staat sogar rein rechnerisch lohnen.
Dass sich Bildung derzeit noch nicht im Katalog der begünstigten Spendenthemen findet, beklagt auch Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising-Verbandes. Eine Änderung tue hier not, „das wollen wir jeder neuen Bundesregierung ins Stammbuch schreiben“, sagt er.
Dabei ist gar nicht der gesamte Bildungsbereich ausgeklammert: Erwachsenenbildung, vor allem der Hochschulbereich, ist spendenbegünstigt – und das Spendenaufkommen dafür wächst laut Lutschinger kontinuierlich, es stieg auch heuer um 15 Prozent an. Ein Zeichen, dass das
Thema vielen spendenwilligen Menschen durchaus ein Anliegen ist. Spenden für Bildungsprojekte im Rahmen der Entwicklungshilfe, für Kinder und Jugendliche in Entwicklungsländern, können darüber hinaus ebenfalls steuerbegünstigt sein. Wieso dann nicht auch für junge Menschen, die in Österreich leben? Auch das ist für viele nicht wirklich nachvollziehbar.
Andere Differenzierungen werden zum Teil ebenfalls kritisiert: Beim Tierschutz etwa können es nur Betreiber von Tierheimen auf die Liste der begünstigten Einrichtungen schaffen. Warum, erschließt sich ebenfalls nicht auf den ersten – und wohl auch nicht auf den zweiten Blick.
Es gibt aber auch banalere Dinge, die so manchem das Spenden verleiden. Zum Beispiel die Überflutung mit Bettelbriefen, die gefühlt immer mehr werden, wenn man bereits gespendet hat. Wenn das zu viel wird, rät Lutschinger, der jeweiligen Organisation mitzuteilen, dass man keine weiteren Zusendungen will. „Anrufen oder schreiben, ein Mail reicht“, sagt er. Einfach nur die Spendenaufrufe zurückzuschicken, helfe dagegen nicht immer: Es gibt nämlich keine Sicherheit, dass der Absender diese Retouren auch wirklich bekommt. Ob die Post sie zustellt, sei eine Kostenfrage.
Dass Spendensammler Daten von Spendern an andere Organisationen weitergeben, wie oft gemutmaßt wird, schließt Lutschinger indes aus: Letztlich seien das Mitbewerber, zwischen denen die Menschen ihr Spendenbudget aufteilen. Rechtlich sei eine Datenweitergabe auch gar nicht erlaubt, „nur registrierte Adressenhändler dürfen das“, bei Spendenorganisationen würde es gegen die Gemeinnützigkeit verstoßen. Aber, so Lutschinger: „Alle Organisationen greifen auf dieselben Datenbanken zurück“, etwa auf von der Post „gemietete“Adressen. Und da werde dann durchaus selektiert, z. B. nach mehr oder weniger aussichtsreichen Wohngegenden. Kein Wunder also, wenn sich an manchen Adressen die Spendenaufrufe häufen.