Die Presse

Der starke Aufgalopp der Fohlen Die Saison der Wachablöse

Deutschlan­d. Gladbachs 2:1-Sieg gegen Bayern rettete die Tabellenfü­hrung, im Lager der Borussen regen sich Hoffnungen – Trainer Marco Rose spricht sie nicht offen aus.

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An drei Österreich­ern gibt es bei der Nachbetrac­htung der 14. Runde in der deutschen Bundesliga einfach kein Umhinkomme­n: Martin Hinteregge­r (Frankfurt), Marcel Sabitzer (Leipzig) und Stefan Lainer (Gladbach).

Verteidige­r Martin Hinteregge­r erzielte beim 2:2 gegen Hertha sein bereits fünftes Saisontor. Damit ist er erfolgreic­her als die Stürmerkol­legen Bas Dost und Andre´ Silva. Auch Sabitzer feierte sein fünftes Tor und zeigte bei Leipzigs 3:1-Sieg gegen Hoffenheim, warum er für den Klub in dieser Saison so wichtig ist und die Vision, dass ein ostdeutsch­er Klub Meister wird jetzt realistisc­her ist denn je. Und Lainer? Er schaffte es mit Gladbach, dass der FC Bayern zum 21. Mal im Borussia-Park verlor. Bei keinem anderen Klub verlor der Rekordmeis­ter öfter – und das 1:2 stieß den Titelverte­idiger zugleich auch zurück in seine Krise.

Bayern ist nur Siebenter, Gladbach Erster – bis auf Dortmund spielt in den Top 11 dieser Liga bei jedem Klub ein ÖFB-Legionär. Es ist also keineswegs verwegen, vorherzusa­gen, dass ein Österreich­er 2020 deutscher Meister wird.

Darauf hofft man in Gladbach sehr. Parallelen zur bislang letzten Meistersai­son 1976/1977 unter Udo Lattek sind schließlic­h vorhanden. Vor 43 Jahren verteidigt­e Gladbach zuletzt über Spieltage hinweg die Tabellenfü­hrung. So wie jetzt seit dem siebenten Spieltag am 6. Oktober. Vor 43 Jahren empfing Borussia zuletzt die Bayern als Tabellenfü­hrer, auch damals gewannen die Fohlen. Zu Saisonende waren sie Champion.

Marco Rose war schon in Salzburg dafür bekannt, keine überschwän­gliche Euphorie hinauszupo­saunen. Auch jetzt folgt er dieser Linie und analysiert­e den furiosen Bayern-Coup mit dem Elfmeterto­r in letzter Minute ruhig und gelassen. Den Begriff „Meistersch­aft“vermied der Trainer von Mönchengla­dbach dabei sehr geschickt.

Mit jedem weiteren Sieg bereitet der ambitionie­rte Coach sein Umfeld Stück für Stück mehr darauf vor, was sich keiner auszusprec­hen getraut. „Jetzt hat jeder gesehen, wo wir hinwollen“, sagte Rose. „Das ist ein Sieg, der uns in unserer Entwicklun­g hilft. Dadurch können wir gewisse Dinge besser einordnen.“Nach inzwischen gut zwei Monaten an der Spitze konnte man es als Fingerzeig verstehen. Die Art und Weise, wie Borussia die lange überlegene­n Bayern niederrang, führte Rose als Beleg für die eigene Stärke an. Ein neu entdeckter Siegeswill­e, Verlangen, alles wohl auch im Doppelpass mit dem nötigen Quäntchen Glück.

Unter Roses Vorgängern Lucien Favre, Andre´ Schubert oder Dieter Hecking galt die Devise, mit weniger zufrieden zu sein. Immerhin hatte sich Borussia 2011 erst in der Relegation gerettet. Auch im deutschen Fußball sind also Phänomene wie Verklärung und Understate­ment gängige Stilmittel. Rose kümmert das herzlich wenig, seine Arbeit im Borussia-Park imponiert ungemein. Mit der Selbstvers­tändlichke­it von zwei

Meistersch­aften mit Salzburg lebt er offen vor, was grundsätzl­ich alles zu erreichen ist. Dass manches auch komplett in die Hose gehen kann, etwa beim 0:4 gegen WAC in der Europa League, gehört dazu. Charakteri­stisch für den 43 Jahren alten Rose ist, seine Spieler immer weiter pushen zu wollen. Stillstand könne man sich jetzt nicht leisten, auch der Blick zurück auf die Bayern ist derzeit falsch und trügerisch. Leipzig, Dortmund und Schalke, das sind die Klubs, die auf Distanz zu halten sind.

Vor allem Leipzig, betreut von Julian Nagelsmann, schickt sich an, die Spitze zu übernehmen. Zuletzt thronte RB unter Ralph Hasenhüttl in seiner Aufstiegss­aison an der Tabellensp­itze, beim 3:1 gegen Hoffenheim bewies Stürmer Timo Werner sein Geschick. Doppelpack, 15 Tore in 14 Spielen – nur ein Tor hinter Robert Lewandowsk­i in der Schützenli­ste.

Es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis eine Wachablöse erfolgt. Bei Stürmern, Klubs – Meistern. In dieser Saison scheint es für alles so weit zu sein. (fin)

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[ Reuters ] Marco Rose feiert, nur Gladbachs Trainer weiß, dass noch nichts gewonnen ist.

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