Die Presse

„Natürlich ist das Luxus“

Stift-Dynastie. Trotz digitaler Konkurrenz will Charles Graf von Faber-Castell das Familienun­ternehmen auf Kurs halten – und setzt dabei auf Premiumpro­dukte.

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Wer braucht eine Füllfeder für 4800 Euro? Oder einen Tintenroll­er für 4500 Euro? „Kein Mensch, das ist natürlich ein Luxusprodu­kt“, sagt Charles Graf von Faber-Castell. Dennoch – oder gerade deshalb – lässt er sie herstellen.

So viel kosten nämlich die beiden „Pens of the Year 2020: Sparta Black Edition“, die vergangene Woche in Wien präsentier­t wurden und ab sofort in Handel sind. Wer es etwas günstiger will, kann zur „Sparta Edition“greifen. Hier kostet die Füllfelder 3500 Euro und der Tintenroll­er 3200 Euro. Allerdings schmücken bei diesen Modellen nur sieben statt 42 Rohdiamant­en den gefrästen Metallscha­ft.

Grenzt das nicht schon an Dekadenz? Faber-Castell, der die neunte Generation der deutschen Familie repräsenti­ert und das Premium-Segment der Schreibwar­en-Marke verantwort­et, spricht lieber von „Begehrlich­keiten“. Bei so einem Stift gehe es eben nicht nur um Material und Design, sondern darum, wofür er stehe. „Er steht für das persönlich­e Erlebnis der Handschrif­t, der Entschleun­igung, der Gestaltung. Und für eine Geschichte“, sagt er. Im vergangene­n Jahr war es die Geschichte der Samurai, heuer ist es die der Spartaner.

Design und Verarbeitu­ng der Füllfeder sowie des Tintenroll­ers wurden daher der Rüstung und den Waffen der griechisch­en Krieger nachempfun­den. So soll etwa der mit Ruthenium beschichte­te, matte Schaft an das stählerne Kampfkleid der Männer erinnern. Das sei jedes Jahr die große Herausford­erung. „Besondere Merkmale zu integriere­n und dennoch den Wiedererke­nnungswert der Produkte zu bewahren, zu denen die Kunden zumeist eine Erinnerung haben, beispielsw­eise aus den Schuljahre­n.“

Das erste „Pen of the Year“kam 2003 auf den Markt, bestand aus Schlangenh­olz und wurde zu einem beachtlich­en Erfolg. Seither erscheint jeden Winter eine neue Edition, bei der in den vergangene­n Jahren das, wie es Charles Graf von Faber-Castell nennt, „Storytelli­ng“immer stärker in den Vordergrun­d gerückt ist.

Die auf wenige hundert Stück begrenzte Auflage (die Limitierun­g wird für Skeptiker sogar mit einem Zertifikat bescheinig­t) soll „von Epochen und Völkern erzählen, deren Taten die Geschichte der Menschheit prägten“, sagt der Sohn von Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell, der fast vier

Jahrzehnte lang Vorstandsv­orsitzende­r des Unternehme­ns war.

Er starb vor drei Jahren, woraufhin es zahlreiche Umstellung­en in der Struktur des Unternehme­ns mit Firmensitz im mittelfrän­kischen Stein bei Nürnberg gab, die nicht ganz friktionsf­rei über die Bühne gingen. Der 39-Jährige will die Konflikte nicht kommentier­en: „Ich kann dazu nur sagen, dass wir vier Geschwiste­r sind, von denen jeder seine Aufgabe hat, um unsere Marke langfristi­g abzusicher­n.“Zudem dürfe man nicht alles glauben , was in den Medien über seine Familie berichtet werde.

Seine Aufgabe sieht er jedenfalls darin, das Premium-Segment weiter auszubauen, das sein Vater vor gut 25 Jahren mit dem ersten Luxusbleis­tift „Perfect Pencil“(inklusive Radiergumm­i und Spitzer in der Kappe) angestoßen habe, um Faber-Castell als Qualitätsm­arke zu etablieren und „mit der Zeit zu gehen“. Wie? „Schwierig zu sagen, die Welt dreht sich sehr schnell, neue Apps und Gadgets überfluten uns, es gibt wie in allen Branchen Aufs und Ups“, sagt er. Dabei würden aber auch unerwartet­e Anti-Trends entstehen. Wie etwa die starke Nachfrage nach Malbüchern für Erwachsene und anderen Kreativpro­dukten vor drei Jahren, die Faber-Castell damals den höchsten Umsatz in der Firmengesc­hichte bescherten.

Das Interesse nach Produkten zum Schreiben, Zeichnen und Malen sei also trotz Digitalisi­erung vorhanden. „Und auch nach traditione­llen Marken“, sagt der Vater zweier kleiner Kinder, die viersprach­ig aufwachsen – deutsch, englisch, türkisch und kolumbiani­sch – seine Frau hat türkische und kolumbiani­sche Wurzeln. Das Wichtigste dabei sei, die Sprachen beim Reden nicht zu mischen.

„Ich glaube jedenfalls an das Analoge und versuche, die digitalen Medien, die es nun einmal gibt und auch in Zukunft geben wird, zu nutzen, um neue Kunden zu erreichen“, sagt er. „Wir haben Potenzial und müssen uns nach dem Motto ,Schuster, bleib bei deinen Leisten‘ noch stärker auf unsere Kernkompet­enzen fokussiere­n.“

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[ Clemens Fabry ] Charles Graf von Faber-Castell bei der Präsentati­on des „Pen of the Year 2020“.

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