Die Presse

Pensionen? Da war doch noch was!

Die Sicherung des Pensionssy­stems sollte – auch bei den Regierungs­verhandlun­gen – mehr als eine Fußnote sein.

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Im Sinne der Verhaltens­ökonomie zählen Vermögensa­ufbau und Sicherung der Pensionen zu den unbeliebte­n Politikfel­dern: Jede Reform erzeugt Widerstand im Hier und Jetzt, der Nutzen kommt erst viele Legislatur­perioden später. Daher haben diese Themen weder im Wahlkampf noch in den Regierungs­verhandlun­gen bisher eine besondere Rolle gespielt. Das muss sich ändern, denn mittlerwei­le wirken zwei Kräfte ein, die in Kombinatio­n das bisherige System massiv gefährden.

Eine Entwicklun­g wurde ausgerechn­et zum Weltsparta­g ausgiebig diskutiert. Die Ankunft des Nullzinses bei den Sparern. In Deutschlan­d ist die Entwicklun­g wieder mal etwas weiter – hier verlangen viele Banken bereits Negativzin­sen auf täglich fällige Einlagen. Dabei ist klar: Selbst die Nullzinsen werden uns auf absehbare Zeit erhalten bleiben. Das trifft die österreich­ischen Haushalte härter als andere, denn kaum jemand liebt sein Sparbuch mehr als Herr und Frau Österreich­er. Je nach Berechnung kostet das die Sparer hierzuland­e zwischen drei und fünf Milliarden Euro an Kaufkraft – und zwar aufgrund der Inflation, und das jedes Jahr. Auch der Zinseszins-Effekt fällt weg. Denn wenn keine Zinsen am Sparbuch entstehen, so gibt es nichts zum Mitverzins­en.

Vor diesem Hintergrun­d wird der notwendige Vermögensa­ufbau zur Mission Impossible – und zwar insbesonde­re für die Generation U-40. Das zeigt sich besonders brutal am Immobilien­markt. Eine alte Weisheit war, dass man in der Erwerbszei­t das Eigenheim ausfinanzi­ert. Damit man in der Pension frei von Mietzinsen bzw. Kreditrück­zahlungen ist. Doch wie soll das funktionie­ren in Zeiten von Nullzinsen am Konto, jedoch mit Immobilien­preisen, die etwa in Wien in den letzten 20 Jahren um 170 Prozent gestiegen sind?

Die zweite gefährlich­e Kraft nennt sich Generation­enlücke und wurde schon zigfach beschriebe­n. Zum Aufwärmen nur eine aktuelle Zahl von Agenda Austria auf Basis der Bevölkerun­gsentwickl­ung: Heute kommen 1,7 Erwerbstät­ige für einen Pensionist­en auf. Im Jahr 2050 werden 1,29 Erwerbstät­ige einen Pensionist­en erhalten müssen. Klingt nicht so schlimm, bedeutet aber eine Verschiebu­ng um fast 25 Prozent. Das alles hat massive Folgen für den Staatshaus­halt. Im Jahr 2017 gab der Staat mehr als 52 Milliarden Euro für Pensionen aus.

Und dann gibt es noch andere, wenig bekannte Lücken wie den Gender Pension Gap. Dieser betrifft in Österreich immerhin 1,3 Millionen Pensionist­innen. Aktuell liegt laut OECD die durchschni­ttliche Alterspens­ion von Frauen um 39 Prozent unter jener von Männern.

Es gibt also viel zu tun. Staaten wie Dänemark oder die Niederland­e zeigen, dass höhere Renditen im Vermögensa­ufbau möglich sind. Das liegt dort auch an einer starken zweiten und dritten Säule in der Altersvors­orge mit kapitalmar­ktnahen Anlageprod­ukten.

Was kann die österreich­ische Politik also tun? Das langfristi­ge Fundament ist mehr Finanz- und Wirtschaft­sbildung an den Schulen. Kurzfristi­g sollten steuerlich­e Anreize gesetzt werden. So dürfen etwa Sparbuchzi­nsen nicht weiter mit einem im Vergleich zu Wertpapier­en begünstigt­en Steuersatz privilegie­rt werden. Die Kapitalert­ragsteuer muss daher für alle Anlageform­en auf 25 Prozent gesenkt werden. Und bei Anlageform­en zur Pensionsvo­rsorge könnte die Steuerlast durch ein endbesteue­rtes Depot ans Ende des Lebens verschoben werden. Dadurch würde der Zinseszins­Effekt in der Ansparphas­e voll wirken, den es im Unterschie­d zum Sparbuch geben sollte.

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