Die Presse

Handke: Mehr Lektüre und weniger Empörung

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Zur Debatte über Peter Handke Handke denke dies, müsse jenes tun, solle allerlei beherzigen – man kommt nicht aus dem Staunen, wie viel die Kollegensc­haft und die Medien wissen. Ich lese Handkes Texte dagegen zunächst als Konstrukti­onen, die ohne den „Jargon der Eigentlich­keit“(Adorno meint auch gänzlich anderes) Wahrnehmba­rkeiten vorlegen, die dann auch in Frage stellen, ob andere Wahrnehmun­gen zwingend zutreffen. Denn natürlich sind auch jene konstruier­t – und das bedeutet übrigens keineswegs, dass deren Wahrheit oder ein Leid zuletzt geleugnet worden wäre. Im Gegenteil böte sich die Zuspitzung an: Wie viel wäre, wenn das, was sich über das Kriegsverb­rechen Srebrenica sagen lässt, nicht und nie alles ist (im Sinne des Widerstrei­ts Lyotards ist das Opfer dadurch charakteri­siert, nicht mehr angemessen klagen zu können), hierüber noch zu schreiben und zu lesen, und zwar offensicht­lich nicht unbedingt von Handke?

Stattdesse­n wird Handke unterstell­t, er hinge einer religiösvo­rmodernen Auffassung nach, wonach der Dichter Wahres und Heiliges verkünde, was allenfalls die eigenwilli­ge Eigendefin­ition des Nobelpreis­es – die Rede von der „idealische­n Richtung“– fürs Komitee nahelegen könnte (das dann vielleicht geirrt hätte, bloß bliebe unter dieser Maßgabe vom Literaturp­reis wenig); oder

Handke wird einfach als Propagandi­st denunziert. Alles in allem schließe ich mich jenen an, die sich zu Handke eine Abregung

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