Gipfel der verhaltenen Hoffnung
Beim ersten hochrangigen Anlauf für eine Konfliktlösung in der Ostukraine seit drei Jahren könnte es zu einer sanften Annäherung zwischen Kiew und Moskau kommen.
Moskau/Paris. Wenn Frankreichs Präsident, Emmamanueuel Em Macrcronon, Ma heutute he im Paririseser Pa Elyssee-´ El´ ee´ Palast die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, Kreml-Chef Wladimir Putin und den ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskij, empfängt, ist das der erste hochrangige Anlauf für eine Lösung des Kriegs in der Ostukraine seit dem letzten Gipfel vor drei Jahren. Für Macron ist allein die Zusammenkunft ein politischer Erfolg, hat er sich doch zuletzt für einen Neustart mit Moskau starkgemacht. Neben der Vermittlung zwischen der Ukraine und Russland stehen auch bilaterale Treffen auf dem Programm. Merkel wird von Putin Aufklärung in Sachen Tiergarten-Mord verlangen. Putin und Selenskij werden bei ihrem mit Spannung erwarteten ersten Vieraugengespräch wohl auch das Streitthema des Gastransitvertrags besprechen, der bis Jahresende ausläuft.
1 Warum findet das Normandie-Gipfeltreffen ausgerechnet jetzt statt?
In den seit mehr als fünf Jahren andauernden Konflikt in der Ostukraine zwischen ukrainischer Armee und den vom Kreml unterstützten Separatisten ist Bewegung gekommen. Der neue ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, ist mit dem Versprechen angetreten, den Krieg zu beenden. Selenskij hat Moskau zu Gesprächen aufgefordert – ein Schritt, der in der Ukraine umstritten ist, befürchtet man doch ein Einknicken des politisch Unerfahrenen. Dennoch: Vertrauensbildende Maßnahmen wie der Austausch von Gefangenen im September, die Renovierung einer für Zivilisten wichtigen Brücke im Konfliktgebiet beim Ort Staniza Luhanska, die Rückgabe der im November 2018 an der Meerenge von Kertsch gekaperten ukrainischen Schiffe haben den Boden für einen hochrangigen Vermittlungsversuch aufberei
tet. Durch Selenskijs Aktivität war Moskau unter Zugzwang. Der beidseitige Rückzug des Militärs an drei Frontorten sowie Kiews Zustimmung zur „Steinmeier-Formel“(s. Frage 4) brachte Moskaus formale Zustimmung zu dem Gipfel.
2 Wird ein Durchbruch bei den Verhandlungen oder sogar ein Friedensschluss erwartet?
Nein. Beide Seiten schraubten jedenfalls die Erwartungen herunter. Im besten Fall ist der Gipfel ein Auftakt für weitere hochrangige Treffen oder bewegt eine Intensivierung der Gespräche in der von der OSZE moderierten Kontaktgruppe in Minsk auf Basis des Minsker Abkommens von 2015. Dort gibt der Österreicher Martin Sajdik übrigens mit Jahresende den Job des OSZE-Vorsitzenden ab. Ihm folgt die Schweizer Diplomatin Heidi Grau. Konkrete Ergebnisse ließen sich „nicht präzise prognostizieren“, hieß es. Bei dem Gipfel würden keine vorbereiteten Papiere abgenickt; es sei ein Arbeitstreffen.
3 Welche Verhandlungspunkte stehen konkret auf der Pariser Agenda?
Der Kreml hält sich bedeckt; letztlich hat er das Treffen weniger´ nötig als die Ukraine. Selenskij nannte mehrere Punkte: Er wolle sich für einen weiteren Gefangenenaus
tausch und einen echten Waffenstillstand einsetzen. Der größte Brocken aber ist die politische Konfliktlösung. Konkret: die Umsetzung der „Steinmeier-Formel“.
4 Was besagt die „Steinmeier-Formel“, und warum ist ihre Umsetzung so umstritten?
Die nach dem früheren deutschen Außenminister benannte Formel soll die praktische Umsetzung des Minsker Abkommens erleichtern. Nach freien und fairen Kommunalwahlen in den Separatistengebieten sollen diese einen Sonderstatus erhalten. Umstritten sind die Modalitäten der WahlDurchführung: Kiew verlangt Wahlen unter internationaler Beobachtung, bei denen ukrainische Politiker zugelassen sind. Zudem will es aus Sicherheitsgründen die Grenzen zwischen dem Separatistengebiet und Russland kontrollieren. Moskau will es andersherum: zuerst Wahlen, dann Entwaffnung. In diesem Streit spiegeln sich die gegensätzlichen Interessen der Konfliktparteien, die trotz des neuen Willens zu Gesprächen bestehen bleiben: Kiew möchte die Kontrolle über sein Staatsgebiet zurück, Moskau will sie indirekt weiter behalten.