Vulkankrater wurde zur Todesfalle
Neuseeland. Eine Dampfexplosion in der Caldera der Vulkaninsel Whakaari (White Island) hat möglicherweise Dutzende Besucher das Leben gekostet. Österreicher sollen nicht darunter sein.
Das Unheil aus der Tiefe schlug spontan, sehr schnell und weitgehend unerwartet zu: Der Ausbruch des Vulkans Whakaari bzw. White Island auf der gleichnamigen kegelförmigen Insel vor der Nordküste der Nordinsel Neuseelands hat am Montagnachmittag (Ortszeit) einer vorerst unbekannten Zahl von Menschen das Leben gekostet.
Neuseeländische Medien berichteten von fünf Toten und mindestens 23 Verletzten, doch könnte das auf einige Dutzend Tote steigen, denn die Lage war wirr und Schätzungen über die Zahl von Touristen, die sich auf oder dicht vor der Insel befanden, lagen anfangs bei etwa 100, später bei 50 Personen. Mindestens 20 Menschen wurden amtlich als vermisst gemeldet, zudem sind angeblich ein Touristenhubschrauber und ein Boot verschwunden. Am Dienstagvormittag (Ortszeit) hieß es seitens der Polizei, dass man von Hubschraubern und Booten aus sowie mit Drohnen, die von einem Kriegsschiff aus operierten, keine Überlebenden gesehen habe und auch keine mehr erwarte.
White Island (rund 320 Meter hoch, zwei Kilometer Durchmesser) befindet sich in der berühmten Bay of Plenty, etwa 50 Kilometer nördlich der Küstenstadt Whakatane. Der Vulkan brach gegen 14.11 Uhr Ortszeit (2.11 Uhr MEZ) aus. Besonders schrecklich sind Aufnahmen einer lokal installierten Beobachtungskamera: Sie zeigen eine Anzahl von Menschen, die in der Caldera über den Kraterboden spazieren und sich einem See dort nähern, aus dem es dampft. Dann ereignet sich irgendetwas und das Bild wird schwarz.
White Island ist ein aktiver, aber doch relativ ruhiger Vulkan, größere Ausbrüche gab es zuletzt sporadisch zwischen 1975 und 2000 sowie 2012/13 und 2016, wobei sich Teile der Insel veränderten, Flächen aus Wald und Buschland verschwanden und der Kratersee zeitweise. Der Berg, der die Spitze eines viel größeren unterseeischen Vulkans ist, wurde jedenfalls seit Langem als sicher genug eingeschätzt, um mit Hubschraubern und Booten Touristen hinzubringen: Pro Jahr wurde er zuletzt von etwa 10.000 Ausflüglern besucht. Von Mitte der 1880er-Jahre bis in die 1930er war dort mit größeren Unterbrechungen Schwefel abgebaut worden, Reste einer Bergwerksanlage sind noch zu sehen. Im September 1914 gab es ein Unglück, als ein Teil des Kraterrands abbrach und zehn Bergleute von einer pyroklastischen Lawine überrollt wurden; man hat von ihnen nie Überreste gefunden.
Vulkanologen zufolge hatten Überwachungssysteme in den vergangenen Tagen erhöhte Ausgasungen von Schwefeldioxid gemessen; da das ein Indiz für aufsteigendes Magma im Schlot ist, wurde die Gefahrenstufe erhöht, aber nicht auf einen Wert, der eine Sperre der Insel verlangt hätte.
Die Eruptionswolke war auffallend weiß und nur eher mäßig mit Asche und Gestein versetzt; man geht davon aus, dass sich der Kratersee, vor allem aber unsichtbare Grundwasserreservoirs im Boden über einige Zeit extrem erhitzt hatten, sodass es wie bei einer Art riesigem Geysir zu einer spontanen Dampfexplosion kam.
Über die Nationalitäten der Toten und Vermissten gab es vorerst wenig Angaben. Die Rede war von Neuseeländern und einer Gruppe von mindestens 20 Australiern, die im Krater waren. Auf einer vorläufigen Vermisstenliste standen später zudem Namen von Menschen etwa aus Großbritannien, Singapur, China, Mexiko, den Niederlanden und Tschechien. Es gibt keine Hinweise, dass Österreicher dort waren, sagte Peter Guschelbauer, Sprecher des Außenministeriums in Wien.
In Neuseeland sind wegen des südlichen Sommers derzeit viele Urlauber aus Europa und generell von der Nordhalbkugel.