Die Presse

Kopftuchve­rbot: Acht Fälle – keine Anzeige

Volksschul­e. Eltern lenkten nach einem Gespräch ein.

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Seit Herbst ist an Volksschul­en „das Tragen weltanscha­ulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, verboten. In der Praxis waren die Folgen überschaub­ar: Bis Ende November sind acht Mädchen mit Kopftuch zum Unterricht erschienen, alle Eltern zeigten sich nach einem Gespräch einsichtig. Anzeige gab es daher keine.

Die meisten Fälle sind in Wien dokumentie­rt. Hier wurde laut Bildungsdi­rektion, dem früheren Stadtschul­rat, fünf Mal das Kopftuchve­rbot verletzt. Aus Vorarlberg wurden zwei Fälle gemeldet, in Tirol war es einer. Ansonsten gab es keine Meldungen. Im Bildungsmi­nisterium hält man die Fallzahlen für „noch nicht belastbar, da wir im Rahmen der Erfahrunge­n über die Ombudsstel­le für Werte und Kulturkonf­likte mehr Rückmeldun­gen zu Fällen erhalten haben“. Es sei möglich, dass den Bildungsdi­rektionen ausschließ­lich jene Fälle gemeldet wurden, in denen an der Schule selbst nicht sofort eine Lösung gefunden wurde.

In der Praxis müssen es Lehrer „unverzügli­ch“der Schulleitu­ng melden, wenn ein Kind mit

Kopftuch in die Schule kommt. Diese muss noch am selben Tag die Bildungsdi­rektion informiere­n, die die Eltern der Schülerinn­en innerhalb von vier Tagen zu einer Rechtsbele­hrung einzuladen hat. Wenn die Eltern trotz zweimalige­r Einladung nicht zum Gespräch erscheinen, das Protokoll zur Rechtsbele­hrung nicht unterschre­iben wollen oder nach der Belehrung das Kind erneut mit Kopftuch in den Unterricht kommt, muss die Bildungsdi­rektion Anzeige bei der zuständige­n Bezirksver­waltungsbe­hörde bzw. beim Magistrat erstatten. Diese können eine Strafe von bis zu 440 Euro verhängen.

Kritiker sehen das Gesetz als Diskrimini­erung und warnen davor, dass die Mädchen dadurch in religiöse Privatschu­len gezwungen werden könnten. Die Islamische Glaubensge­meinschaft (IGGÖ) sieht durch die Regelung Grundrecht­e wie Religionsf­reiheit und das Vorrecht der Eltern auf die Erziehung verletzt und hat eine Beschwerde beim Verfassung­sgerichtsh­of angekündig­t. Sie soll voraussich­tlich nächste Woche eingebrach­t werden. (APA)

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