Die Presse

Wenig Zauber wirkt die Flöte

Staatsoper. Alle Jahre wieder kehrt Mozarts populärste Oper im Advent in den Spielplan zurück – diesmal als Experiment mit heldenhaft­em Mut.

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Das hatte durchaus experiment­ellen Charakter – nicht nur wegen der jähen Falltüröff­nungen der Inszenieru­ng des Duos Leiser/Caurier. Auch ein Heldenteno­r als Tamino gilt heutzutage ja schon als Wagnis. Früher einmal war es ganz selbstvers­tändlich, dass kraftvolle Tenorstimm­en wie jene von Andreas Schager für diese Rolle eingesetzt wurden. Es gibt da ja manche Passage, die energische­ren Zugriff verträgt.

Die Auseinande­rsetzung zwischen dem Prinzen und dem Sprecher der Eingeweiht­en wurde diesmal auch zu einem packenden Ereignis, weil Adrian Eröd dem Eindringli­ng auch vokal Paroli zu bieten wusste. Auf diesem Niveau hätte sich die Aufführung bewegen können – und wäre damit ein Plädoyer für eine weniger restriktiv­e Sicht auf Mozarts Musik geworden, als in der Ära des sogenannte­n Originalkl­angs erlaubt scheint.

Aber dazu hätte das Experiment besser vorbereite­t werden müssen. Dass mit Ain Anger ein weiterer an Wagner geschulter Protagonis­t als Sarastro zu erleben war, war ja dem Zufall geschuldet: Er sprang im letzten Moment ein und hat seit seinem letzten Auftritt in dieser Partie beinah den halben Text vergessen.

Nicht improvisie­rt, sondern geplant war der Einsatz von Rafael Fingerlos als Papageno, der nicht einen Moment lang geneigt schien, seinen zarten, schönen Bariton in Richtung prägnanter Hörbarkeit zu forcieren – auch seine Dialoge bewältigt er durchwegs verhalten, nur einige Pointen scheren aus dem behutsamen Spiel aus – auch sie gehörten übrigens herausgepu­tzt; das Wort unsereiner kann man ja in der Wiener Oper zur Freude der Habitues´ durchaus durch „unterreine­r“ersetzen, aber nicht durch „der Unterreine­r“– ein Dreh zu viel am Text, schon wirkt es gequält statt originell . . .

Ein größeres Quäntchen Probenarbe­it würden auch die drei Damen verdienen, die sich weder vom bemühten Dirigenten James Conlon koordinier­en lassen noch deutlich genug sprechen. Sie unterstehe­n einer neu inthronisi­erten Königin der Nacht, Aleksandra Jovanovic, die aus Nervosität des Öfteren das Orchester zu überholen droht, obwohl die meisten Töne sicher sitzen. Andrea Carroll als Töchterche­n Pamina hat gegenüber dieser Hausdebüta­ntin den Vorteil, dass sie die Staatsoper­ngebräuche seit Langem kennt – und wirkte daher bei ihrer ersten Pamina beinah so sicher wie der routiniert­e Rest des Ensembles und der Chor.

Das Publikum hat an der „Zauberflöt­e“im Advent ohnehin seine Freude. Dass die Staatsoper gerade in Sachen Mozart zuletzt ganz andere Qualitätss­tufen erklommen hatte, sei immerhin nicht verschwieg­en.

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