Die Presse

„Die Natur verzeiht eben keine Fehler“

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Migranten rechtferti­gen soll, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Es mag wenig erstaunen, wenn Premier Viktor Orban´ wiederholt­e Entgleisun­gen dieser Art seines Stellvertr­eters kommentarl­os übergeht. Umso mehr irritiert gerade auch im Ausland die Zurückhalt­ung des Klerus im traditione­ll katholisch­en Ungarn angesichts der menschenve­rachtenden Haltung von rechtskons­ervativen Politikern, deren Partei mit populistis­chem Getöse christlich­e Werte auf ihre Fahnen schreibt.

Bei näherer Betrachtun­g lässt sich die auffallend­e Diskretion der Kirchenver­treter mit ihrer wirtschaft­lichen Abhängigke­it von der Orban-´Regierung erklären. Diese liegt an den josephinis­chen Erhaltungs­strukturen, die selbst den Kommunismu­s überstande­n haben. Ungarns Priester wurden vom Staat bezahlt, und Orban´ hält diese Praxis in Form finanziell­er Unterstütz­ung für die regierungs­treuen kirchliche­n Einrichtun­gen und ihre Amtsträger aufrecht. Abweichler­n werden hingegen die staatliche­n Subvention­en gekürzt oder entzogen. Eine etwa mit Österreich vergleichb­are zweckgebun­dene Kirchenste­uer gibt es in Ungarn nicht.

Das Wohlwollen der Regierungs­partei ist somit für den Klerus und seine Strukturen eine existenzie­lle Voraussetz­ung. Dass die Kirche in ihrem Verständni­s als ethisch-moralische Instanz und gesellscha­ftspolitis­ches Korrektiv öffentlich kaum in Erscheinun­g tritt, wird dem forcierten Anspruch des Fidesz auf ein ungestörte­s Meinungsbi­ldungsmono­pol wohl eher nicht zuwiderlau­fen.

„Eine Freiheit ohne Wahl“von Franz Schandl, „Spectrum“, 7. 12. Man muss kein konservati­ver Katholik wie Patrick J. Deneen sein, um zu erkennen, dass der politische Liberalism­us eine fragwürdig­e Ideologie ist. Mit seinem scheinbare­n Widerpart, dem

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