Neues Aufbegehren an den Unis
Uni-Besetzung. Nach der Räumung des Festsaals an der TU Wien wollen die Studierenden nicht aufgeben. Sie hoffen auf eine breitere Bewegung.
Nach der Räumung des Festsaals an der TU Wien wollen die Studierenden nicht aufgeben. Sie hoffen auf eine breitere Bewegung.
Der Abend weckte zarte Erinnerungen an die Studentenproteste vor zehn Jahren. Ein besetzter Raum, Studierende, die in Arbeitsgruppen Forderungen diskutieren und die vom Balkon des Festsaals der Technischen Universität Wien dieselben Slogans Richtung Karlsplatz skandierten wie einst: „Wir sind hier und wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut.“
Anders als damals – als Studenten 61 Tage lang das Audimax der Universität Wien besetzt hielten – war der Festsaalbesetzung an der TU keine lange Dauer beschieden: Nach wenigen Stunden und mehreren erfolglosen Gesprächen mit den Besetzern, bei denen etwa angeboten wurde, den Raum tags darauf zu nutzen, ließ Rektorin Sabine Seidler den Saal am Dienstagabend kurz vor 22 Uhr polizeilich räumen. Rund 50 Studierende, die bis zum Schluss ausgeharrt hatten, wurden teilweise von den Polizisten aus der Universität getragen.
Die Studenten kritisierten die Reaktion des Rektorats sowie den Einsatz der Polizei als überschießend. Seidler begründete die Entscheidung zur Räumung des Festsaals damit, dass die Studenten sich gewaltsam Zutritt verschafft hätten und die Besetzung auf unbestimmte Zeit angelegt gewesen sei. Die Universität sei ein Ort des Diskurses – aber eine derartige Besetzung sei kein adäquates Mittel, um Forderungen durchzusetzen.
Wieder Aufmerksamkeit
Wenn es nach den Studenten geht, soll das allerdings nicht das Ende gewesen sein. Auch nach der Festsaalräumung wollen sie nicht aufgeben. Die Gruppe „Uns reicht’s“, die die Aktion initiiert hatte, plant weitere Demonstrationen, wie die „Presse“erfahren hat: „Es wird zeitnah wieder Protestaktionen geben, in welcher Form auch immer.“Man hoffe auf eine breitere Bewegung, hieß es gegenüber der Austria Presse Agentur.
Mit der Besetzung haben es die (linken) Studierenden jedenfalls wieder geschafft, etwas öffentliche Aufmerksamkeit auf sich bzw. ihre Forderungen zu lenken. In den Jahren nach den großen Unibrennt-Protesten – bei denen kurz nach der Audimaxbesetzung bis zu 30.000 Studenten durch die Straßen marschierten, um mehr Geld für Bildung zu fordern – war es ungewöhnlich ruhig um sie geworden. Und das, obwohl etwa mit Zugangsbeschränkungen durchaus Reizthemen vorhanden waren.
Auch die Hochschülerschaft ist im hochschulpolitischen Diskurs zuletzt nicht sehr prononciert in Erscheinung getreten. Sie stellte sich nun hinter die Besetzer: Wenn Studierende und ihre Anliegen nicht gehört und ernst genommen würden, müsse man eben zu solchen Mitteln greifen.
„Brandaktuelle Forderungen“
Entstanden ist der nunmehrige Protest aus einer Gruppe von TU–Studenten, die einen Mangel an Raum für die Studierenden beklagt hatten – und im Zuge dessen vor eineinhalb Monaten bereits ein leerstehendes Lokal an der TU besetzten. Mittlerweile haben sich die Forderungen der Studenten diversifiziert. Es habe sich gezeigt, dass es an den Unis noch viel mehr Probleme gebe, hieß es am Dienstag von einem der Besetzer. „Die Forderungen von vor zehn Jahren sind immer noch brandaktuell.“
Die Studierenden protestierten gegen eine Hochschulpolitik, die von Personen gestaltet werde, die davon gar nicht betroffen seien. Sie fordern unter anderem einen freien Hochschulzugang, zwei Prozent des BIP für die Hochschulen, weniger Verschulung, bessere finanzielle Unterstützung für die Studierenden, klimagerechte Unis und mehr Mitsprache für die Studentenvertretungen.
Sie wollten diesbezüglich mit den Koalitionsverhandlern in Kontakt treten. Explizit richteten sich die Forderungen auch an die Grüne Sigrid Maurer, die vor zehn Jahren eine der Protagonistinnen der Unibrennt-Bewegung war („Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl, damit sie sich an ihre Anliegen erinnert“). Dass diese noch am Dienstagabend zusicherte, den Forderungskatalog entgegenzunehmen, werteten die Studenten als einen ersten Schritt. Man erwarte sich jedoch Gespräche mit beiden Parteien über zukünftige Uni-Politik.