Wien darf nicht Moskau werden
FPÖ. Herbert Kickl will seine Partei nicht mehr in Russland sehen. Und Strache nicht mehr in Wien. Doch Strache hält sich diese Option offen. Und könnte Verbündete finden.
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl will seine Partei nicht mehr in Russland sehen. Und Strache nicht mehr in Wien.
Es ist von bitterer Ironie. Für HeinzChristian Strache und Johann Gudenus. Ausgerechnet ihre Russophilie, gewissermaßen auch ihre Serbophilie, wurden ihnen letztlich zum Verhängnis. Ausländerfeindlichkeit wurde der FPÖ-Führung immer wieder vorgeworfen. Strache tat das oft mit dem Verweis auf seine guten persönlichen Beziehungen vor allem zu Russen, zu Serben und auch zu Persern ab. Am Ende wurde Gudenus und damit auch Strache dann eine russische Oligarchennichte untergejubelt, eingefädelt von einer gebürtigen Serbin, mit einem iranischstämmigen Mastermind im Hintergrund.
Herbert Kickl, mehr Vertreter der klassischen Heimatpartei – mit Betonung auf Heimatpartei – und somit auch kein Ibiza-Urlauber, tat am Dienstag im ORF kund, was er von dieser Art freiheitlicher Internationalität schon bisher hielt: nämlich nichts. Für die Russland-Nähe und die Balkan-Connections hätte er nie Verständnis gehabt.
Und für Heinz-Christian Strache hat er heute auch keines mehr. Er habe die FPÖ als „Belegwaschmaschine“genutzt, so Kickl. Dass Strache nun die Führung der Wiener Partei, die er geschädigt habe, übernehmen wolle, sei eine „Chuzpe“. Schräger ginge es nimmer. Und wäre es nach Kickl gegangen, wäre Strache aus der Wiener FPÖ schon ausgeschlossen. In Wien hat man das an sich auch vor – nur geht das eben nicht so rasch.
Wenn es so weit sei, dann werde es „sehr zügig“gehen, sagt Landesparteisekretär Michael Stumpf zur „Presse“. Dann werde der Landesparteivorstand darüber entscheiden, ob Strache aus der Partei ausgeschlossen wird. Zuvor jedoch muss noch das Landesparteigericht eine Empfehlung an die elf Vorstandsmitglieder aussprechen. Drei freiheitliche Juristen, die keine Funktion in der FPÖ haben, prüfen gerade den Parteiausschluss Straches. Strache selbst hat allerdings nicht vor, der Einladung vor das Parteigericht Folge zu leisten. Dem Vernehmen nach soll der Termin für Ende dieser Woche anberaumt sein. Sollte Strache ihn tatsächlich nicht wahrnehmen, könnte das den Prozess beschleunigen. Das Parteigericht prüft, ob genügend Ausschlussgründe vorliegen. Basis dafür sind Ermittlungen der Justiz gegen Strache. Und da sieht es für Strache nicht gut aus: Er soll mittels gefälschter Belege private Zahlungen der Partei verrechnet haben. Ermittelt wird wegen Veruntreuung.
Strache provoziert Rauswurf
Wobei in der FPÖ ohnehin die meisten davon ausgehen, dass Strache seinen Rauswurf provoziert. Auf Facebook greift er beinahe täglich seine ehemaligen Parteifreunde an. Und so könnte dem Ende seiner Parteikarriere in der FPÖ eine eigene Liste folgen. In der FPÖ wird vermutet, dass es schon im Jänner so weit sein wird. Das passt auch zum Verhalten von Karl Baron, freiheitlicher Gemeinderat in Wien und Anhänger Straches, der heute eine persönliche Erklärung über seine politische Zukunft abgeben will. Ihm attestiert man in der FPÖ „Nibelungentreue“zu Strache. Am Montag wurde Baron daher als Präsident der Freiheitlichen Wirtschaft abberufen. Legt Baron sein Mandat zurück, kann Strache in den Gemeinderat einziehen. Bei der vergangenen Wien-Wahl trat Strache als Spitzenkandidat der FPÖ an. Würde er noch zwei weitere Mandatare überzeugen, könnte er sogar einen Klub gründen. Dann würde Strache Förderungen beziehen und könnte etwas Geld für die Wien-Wahl im kommenden Jahr ansparen.
Einen möglichen Spender hat Strache auch schon getroffen: Frank Stronach. Der Austrokanadier hatte selbst ein kurzes Intermezzo im Parlament und hegt zumindest Sympathien für Strache. Für neue Parteien gelten außerdem weniger strikte Spendenregelungen: Sie dürfen bei ihrem ersten Antreten bis zu 1,5 Millionen Euro einsammeln, für Einzelspenden gibt es eine Obergrenze von 37.500 Euro.
Wer geht mit Strache mit?
Die wichtigste Frage ist, wer Strache noch folgen würde. In Wien vermutet man, dass Gemeinderat Dietrich Kops zu einer Liste Strache wechseln könnte. Der geschäftsführende Bezirksparteichef von Wien Landstraße sitzt seit acht Jahren im Gemeinderat. Auch Klaus Handler, so heißt es, wäre ein potenzieller Kandidat für Strache. Er ist seit 2015 Gemeinderat in Wien.
Einer, der auch als möglicher Überläufer gehandelt wurde, sagt allerdings dezidiert ab: Udo Guggenbichler, Gemeinderat in Wien und Organisator des Akademikerballs. „Es ist für mich alles gesagt, ich werde mich niemals von der FPÖ abspalten“, meint er. Es komme für ihn nicht infrage, für eine Liste Strache zu kandidieren.