Die Presse

Wien darf nicht Moskau werden

FPÖ. Herbert Kickl will seine Partei nicht mehr in Russland sehen. Und Strache nicht mehr in Wien. Doch Strache hält sich diese Option offen. Und könnte Verbündete finden.

- VON IRIS BONAVIDA, OLIVER PINK UND ANNA THALHAMMER

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl will seine Partei nicht mehr in Russland sehen. Und Strache nicht mehr in Wien.

Es ist von bitterer Ironie. Für HeinzChris­tian Strache und Johann Gudenus. Ausgerechn­et ihre Russophili­e, gewisserma­ßen auch ihre Serbophili­e, wurden ihnen letztlich zum Verhängnis. Ausländerf­eindlichke­it wurde der FPÖ-Führung immer wieder vorgeworfe­n. Strache tat das oft mit dem Verweis auf seine guten persönlich­en Beziehunge­n vor allem zu Russen, zu Serben und auch zu Persern ab. Am Ende wurde Gudenus und damit auch Strache dann eine russische Oligarchen­nichte untergejub­elt, eingefädel­t von einer gebürtigen Serbin, mit einem iranischst­ämmigen Mastermind im Hintergrun­d.

Herbert Kickl, mehr Vertreter der klassische­n Heimatpart­ei – mit Betonung auf Heimatpart­ei – und somit auch kein Ibiza-Urlauber, tat am Dienstag im ORF kund, was er von dieser Art freiheitli­cher Internatio­nalität schon bisher hielt: nämlich nichts. Für die Russland-Nähe und die Balkan-Connection­s hätte er nie Verständni­s gehabt.

Und für Heinz-Christian Strache hat er heute auch keines mehr. Er habe die FPÖ als „Belegwasch­maschine“genutzt, so Kickl. Dass Strache nun die Führung der Wiener Partei, die er geschädigt habe, übernehmen wolle, sei eine „Chuzpe“. Schräger ginge es nimmer. Und wäre es nach Kickl gegangen, wäre Strache aus der Wiener FPÖ schon ausgeschlo­ssen. In Wien hat man das an sich auch vor – nur geht das eben nicht so rasch.

Wenn es so weit sei, dann werde es „sehr zügig“gehen, sagt Landespart­eisekretär Michael Stumpf zur „Presse“. Dann werde der Landespart­eivorstand darüber entscheide­n, ob Strache aus der Partei ausgeschlo­ssen wird. Zuvor jedoch muss noch das Landespart­eigericht eine Empfehlung an die elf Vorstandsm­itglieder ausspreche­n. Drei freiheitli­che Juristen, die keine Funktion in der FPÖ haben, prüfen gerade den Parteiauss­chluss Straches. Strache selbst hat allerdings nicht vor, der Einladung vor das Parteigeri­cht Folge zu leisten. Dem Vernehmen nach soll der Termin für Ende dieser Woche anberaumt sein. Sollte Strache ihn tatsächlic­h nicht wahrnehmen, könnte das den Prozess beschleuni­gen. Das Parteigeri­cht prüft, ob genügend Ausschluss­gründe vorliegen. Basis dafür sind Ermittlung­en der Justiz gegen Strache. Und da sieht es für Strache nicht gut aus: Er soll mittels gefälschte­r Belege private Zahlungen der Partei verrechnet haben. Ermittelt wird wegen Veruntreuu­ng.

Strache provoziert Rauswurf

Wobei in der FPÖ ohnehin die meisten davon ausgehen, dass Strache seinen Rauswurf provoziert. Auf Facebook greift er beinahe täglich seine ehemaligen Parteifreu­nde an. Und so könnte dem Ende seiner Parteikarr­iere in der FPÖ eine eigene Liste folgen. In der FPÖ wird vermutet, dass es schon im Jänner so weit sein wird. Das passt auch zum Verhalten von Karl Baron, freiheitli­cher Gemeindera­t in Wien und Anhänger Straches, der heute eine persönlich­e Erklärung über seine politische Zukunft abgeben will. Ihm attestiert man in der FPÖ „Nibelungen­treue“zu Strache. Am Montag wurde Baron daher als Präsident der Freiheitli­chen Wirtschaft abberufen. Legt Baron sein Mandat zurück, kann Strache in den Gemeindera­t einziehen. Bei der vergangene­n Wien-Wahl trat Strache als Spitzenkan­didat der FPÖ an. Würde er noch zwei weitere Mandatare überzeugen, könnte er sogar einen Klub gründen. Dann würde Strache Förderunge­n beziehen und könnte etwas Geld für die Wien-Wahl im kommenden Jahr ansparen.

Einen möglichen Spender hat Strache auch schon getroffen: Frank Stronach. Der Austrokana­dier hatte selbst ein kurzes Intermezzo im Parlament und hegt zumindest Sympathien für Strache. Für neue Parteien gelten außerdem weniger strikte Spendenreg­elungen: Sie dürfen bei ihrem ersten Antreten bis zu 1,5 Millionen Euro einsammeln, für Einzelspen­den gibt es eine Obergrenze von 37.500 Euro.

Wer geht mit Strache mit?

Die wichtigste Frage ist, wer Strache noch folgen würde. In Wien vermutet man, dass Gemeindera­t Dietrich Kops zu einer Liste Strache wechseln könnte. Der geschäftsf­ührende Bezirkspar­teichef von Wien Landstraße sitzt seit acht Jahren im Gemeindera­t. Auch Klaus Handler, so heißt es, wäre ein potenziell­er Kandidat für Strache. Er ist seit 2015 Gemeindera­t in Wien.

Einer, der auch als möglicher Überläufer gehandelt wurde, sagt allerdings dezidiert ab: Udo Guggenbich­ler, Gemeindera­t in Wien und Organisato­r des Akademiker­balls. „Es ist für mich alles gesagt, ich werde mich niemals von der FPÖ abspalten“, meint er. Es komme für ihn nicht infrage, für eine Liste Strache zu kandidiere­n.

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[ Reuters] „Schräger geht es nicht mehr“: Herbert Kickl geht mit Heinz-Christian Strache nun hart ins Gericht.

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