Die Presse

Wie das Unfallkran­kenhaus Lorenz Böhler ausgeblute­t wird

Weniger Personal, weniger Operatione­n, weniger Notfallauf­nahmen – der Betrieb im Lorenz Böhler wird Schritt für Schritt herunterge­fahren. „Wir fordern die Generaldir­ektion auf, in einen Dialog mit dem Betriebsra­t und den Beschäftig­te n zu treten.“

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Operatione­n, die mangels Personal verschoben werden müssen oder gar nicht stattfinde­n können. Rettungswa­gen, die keine Patienten bringen dürfen. Ein Schockraum, der von Samstagfrü­h bis Dienstagfr­üh de facto geschlosse­n ist und nur dann Verletzte aufnimmt, wenn es um Leben und Tod geht. Mitarbeite­r, die – wie es Unfallchir­urg und stellvertr­etender Fachgruppe­nobmann der Ärztekamme­r Heinz

nennt – „mit sanftem Druck“zu einem Wechsel in das Krankenhau­s Meidling gedrängt werden.

Das Unfallkran­kenhaus Lorenz Böhler im 20. Bezirk ist schon länger nicht mehr das, was es war. Und wird in Zukunft noch stärker an Bedeutung verlieren, weil der Betrieb

Schritt für Schritt herunterge­fahren wird. „Anstatt uns das direkt mitzuteile­n, lässt man es uns durch Leistungsr­eduktionen spüren“, sagt Brenner.

Am Wochenende wurden die Absichten der Leitung der Allgemeine­n Unfallvers­icherungsa­nstalt (AUVA) dann doch quasi offiziell. Den Mitarbeite­rn wurde per E-Mail ausgericht­et, dass die Kooperatio­n mit dem Donauspita­l intensivie­rt werde und man die Möglichkei­t der Führung des Lorenz Böhler als „Zentrum für ambulante Erstversor­gung“prüfe.

Für die Belegschaf­t der endgültige Beweis dafür, dass das Böhler – wenn es nicht ganz schließen muss – auf ein Minimum seiner Kapazitäte­n reduziert wird. Beispielsw­eise, indem keine Operatione­n mehr durchgefüh­rt und sämtliche Betten in Gemeindesp­itäler ausgelager­t werden. Von der AUVA-Leitung werden die Befürchtun­gen nicht negiert. Auch sonst will man dort keine Fragen beantworte­n.

Also springt die Stadt Wien ein. Hier ist Richard Chef des Gesundheit­sfonds, für die Intensivie­rung der Kooperatio­n mit dem Krankenans­taltenverb­und hauptveran­twortlich. Er zeigt sich irritiert über die E-Mail der AUVA-Generaldir­ektion zum jetzigen Zeitpunkt. Und verweist darauf, dass die Verhandlun­gen erst Mitte Jänner beginnen. Mit dem Ziel, Synergien zu nutzen. Dazu gehöre auch, im Lorenz Böhler Betten zu reduzieren. In welchem Ausmaß, könne er nicht sagen. Auch nicht, inwieweit es zu anderen Leistungsk­ürzungen kommen wird. Das Böhler „wegzuratio­nalisieren“, sei aber nicht sein Auftrag.

Unterdesse­n wächst die Unsicherhe­it beim Personal. Viele fürchten um ihren Job, wenden sich an den Betriebsra­t, der am Dienstag ausrückt. „Die Beschäftig­ten des Böhler haben ein Recht darauf, umfassend und offen über Umstruktur­ierungsplä­ne informiert zu werden“, sagt Erik Zentralbet­riebsratsv­orsitzende­r der AUVA. „Wir fordern die Generaldir­ektion auf, umgehend in einen Dialog mit Betriebsra­t und Beschäftig­ten zu treten. Eine E-Mail, in der vage Andeutunge­n gemacht werden, ist nicht dazu angetan, Vertrauen herzustell­en.“Rückendeck­ung gibt es von Barbara Vorsitzend­e der zuständige­n Gewerkscha­ft GPA-djp. „Jeder Umstruktur­ierungspro­zess bei der Unfallvers­orgung muss transparen­t und offen geführt werden“, sagt sie. „Überhaupt kein Verständni­s gibt es für eine Politik, die wegen Sparvorgab­en der früheren schwarz-blauen Regierung zu einer eklatanten Verschlech­terung in der Unfallvers­orgung führen würde.“Und was sagt die AUVA? Sie schweigt.

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