Die Presse

Panzer- und Luftarmeen braucht das Land nicht

Befindet sich in einer budgetären Notsituati­on. Was es dringend braucht, ist ein Bewusstsei­nswandel im Heer selbst.

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Das österreich­ische Bundesheer befindet sich seit geraumer Zeit in einer Zwischenwe­lt. Politische Unterstütz­ung und finanziell­e Ausstattun­g sind, wie das Sprichwort so schön sagt, zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig. Dass das Bundesmini­sterium für Landesvert­eidigung unter Thomas Starlinger nun die Phase des Wahlkampfe­s und der Koalitions­verhandlun­gen nutzt, um mit dem Bericht „Unser Heer 2030“auf diese Situation hinzuweise­n, ist richtig und wichtig.

Die budgetäre Ausstattun­g des Bundesheer­s unterminie­rt die Profession­alität und Sicherheit der Soldaten und Soldatinne­n bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im nationalen und internatio­nalen Kontext. Darüber hinaus werden die Beiträge der österreich­ischen Steuerzahl­er für permanente­s Flickwerk verschwend­et anstatt dafür verwendet, moderne Streitkräf­te zu schaffen, die an gegenwärti­gen Herausford­erungen orientiert sind.

Die Debatte darf sich jedoch nicht auf die Ausgabense­ite verengen, und sie darf nicht nur von jenen bespielt werden, die aus einer Streitkräf­te-Perspektiv­e über Strukturen und deren Finanzieru­ng nachdenken. Sie muss sich breiter und intensiver mit den Fragen nach dem Wesen einer modernen und zukunftsfä­higen Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik auseinande­rsetzen.

In dem 130 Seiten starken Bericht „Unser Heer 2030“werden mögliche Herausford­erungen für Österreich­s Sicherheit skizziert und die notwendige­n Investitio­nen in das Bundesheer aufgeliste­t. Gefordert wird u. a. die Erhöhung des Budgets von derzeit 2,4 auf vorläufig drei Milliarden Euro. Längerfris­tig erwartet man sich ein Budget von mindestens einem Prozent des BIPs, was einer Verdoppelu­ng des heutigen Budgets entspricht. Darüber hinaus diagnostiz­iert man einen Investitio­nsrückstau von 16 Milliarden Euro in allen Bereichen der Streitkräf­te und will diesen schrittwei­se abgebaut sehen. Verlängert sich hingegen die budgetäre (Not-)Situation und werden finanziell­e Mittel nicht für alle Bereiche der Streitkräf­te verfügbar, so stellt der Bericht in Aussicht, dass das Bundesheer schon in naher Zukunft nicht mehr in der Lage sein könnte, seine verfassung­smäßigen Aufgaben der umfassende­n Landesvert­eidigung und des Schutzes der immerwähre­nden Neutralitä­t nachzukomm­en.

Bevor man jedoch über Streitkräf­testruktur­en und Budgets spricht, müsste über ebendiese Aufgaben nachgedach­t werden. Hierbei gelte es zunächst zu klären, welche Leitmotive die österreich­ische Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik im 21. Jahrhunder­t anleiten sollen, und dabei vor allem, welcher politische­n Ausdeutung oder welchem Modell der Neutralitä­t unser Staat folgen soll.

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