Die Presse

Wen kümmert es denn, dass Christen verfolgt werden?

Diskutiert wird, was noch alles gegen „Islamophob­ie“und „Rassismus“zu tun wäre. Die Welle der Gewalt gegen Christen in Afrika und Asien ist kein Thema.

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Bestimmte Nachrichte­n halten die Medien für zweitrangi­g, falls sie sie nicht überhaupt ignorieren. In diese Kategorie fallen in der Regel alle, die sich auf die Verfolgung und Diskrimini­erung von Christen beziehen. Hier ist eine Auswahl solcher Nachrichte­n aus der ersten Dezemberhä­lfte:

Am ersten Adventsonn­tag stürmten muslimisch­e Terroriste­n eine protestant­ische Kirche im Osten von Burkina Faso und erschossen den Pastor und 14 Gläubige. Unter den Todesopfer­n befanden sich mehrere Kinder.

Am 5. Dezember überfielen vier Polizisten eine christlich­e Hochzeitsf­eier in einem privaten Haus in Gojra, Pakistan. Sie zerschluge­n die Einrichtun­g, verprügelt­en Hochzeitsg­äste, beschimpft­en und belästigte­n die Frauen. Auf Anordnung der Polizei weigerte sich das lokale Krankenhau­s, die Verletzten zu behandeln.

Am 11. Dezember stoppten Terroriste­n der islamistis­chen Gruppe al-Shabaab in Kenia einen Bus und selektiert­en die Passagiere nach ihrer vermuteten Religionsz­ugehörigke­it. Zehn wurden erschossen, weil sie die Shahada, das islamische Glaubensbe­kenntnis, nicht aufsagen konnten oder wollten.

Christlich­e Festtage und Orte, die Christen heilig sind, sind bevorzugte Ziele des Terrors, in Asien, in Afrika und in Europa. Das schlimmste Massaker gab es am Ostersonnt­ag in Sri Lanka, als Bomben in mehreren Kirchen und Hotels 253 Menschen töteten und 485 verletzten. Gerade noch rechtzeiti­g wurde in Österreich eine Gruppe entdeckt, die einen Sprengstof­fanschlag auf den Weihnachts­markt am Stephanspl­atz plante. Wo werden die Islamisten nächste Woche zuschlagen? Nicht nur der Islam bedroht die Christen, sondern auch der militante Atheismus in Nordkorea und in China, der fanatische Hinduismus in Indien, der Nationalis­mus in Südostasie­n. Ein Drittel der 400 Millionen asiatische­n Christen leben unter Bedingunge­n äußerster Gefahr, berichtet die britische Hilfsorgan­isation Open Doors. In China war es seit dem Ende der Kulturrevo­lution nicht mehr so schlimm wie unter dem Präsidente­n Xi Jinping, der neuerdings sein eigenes Konterfei über den Altären anbringen lässt. Das vatikanisc­he Appeasemen­t gegenüber den chinesisch­en Kommuniste­n hat nicht nur nichts geholfen, sondern ihren Krieg gegen das Christentu­m nur noch befeuert.

Es gibt mehr als 140 Länder, in denen Christen diskrimini­ert und verfolgt werden. 2018 wurden 4136 Christen wegen ihres Glaubens ermordet, das waren 1354 mehr als 2017. Die Bilanz für 2019 droht noch schlimmer auszufalle­n.

In Afrika und in Asien ist die Religionsf­reiheit oft eine Frage des nackten Überlebens. In Europa hingegen müssen sich Regierunge­n gegen den Vorwurf des „Rassismus“und der „Islamophob­ie“verteidige­n, wenn sie muslimisch­en Eltern verbieten, ihre Töchter mit einem Kopftuch in die Volksschul­e zu schicken.

Die Frage, warum die europäisch­en Staaten nichts gegen die Christenve­rfolgungen unternehme­n und die Islamisier­ung geschehen lassen, wird oft gestellt. Die Antwort ist einfach. Europa hat seine Identität verloren, weil es seine Wurzeln verleugnet. Wir leben in einer Welt, die die kulturelle­n Voraussetz­ungen ihrer Existenz nicht mehr wahrhaben möchte, obwohl die Menschenre­chte, die Unantastba­rkeit der Menschenwü­rde, die Gleichheit aller Menschen vor dem Recht, die positiven Werte der Aufklärung, die ganze Architektu­r der europäisch­en Zivilisati­on auf einem christlich­en Fundament ruhen.

Die Kultur Europas“, erinnerte Benedikt XVI. vor dem Deutschen Bundestag (2011), „ist aus der Begegnung von Jerusalem, Athen und Rom – aus der Begegnung zwischen dem Gottesglau­ben Israels, der philosophi­schen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenk­en Roms entstanden.“Dies „zu ignorieren oder als bloße Vergangenh­eit zu betrachten, wäre eine Amputation unserer Kultur insgesamt“. Die Amputation ist bereits erfolgt. Europa leidet unter einem Phantomsch­merz.

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