Die Presse

„Star Wars“und ein stiller Meister

Jazz. Weite Welten in kargen Klängen: Der Vorarlberg­er Pianist David Helbock interpreti­ert die Musik des Filmkompon­isten John Williams. Sein Auftritt im Porgy & Bess wurde bejubelt.

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Ganz abgesehen von den erzeugten Klängen – es ist fasziniere­nd, David Helbock beim Spiel zuzusehen. Wie er behutsam ein Frotteehan­dtuch im Bauch des Flügels platziert oder Tasten mit kleinen Hölzchen blockiert, um im rasanten Spiel mit den Achteltöne­n zusätzlich­e Rhythmen zu wecken. So erweitert er sein Ausdruckss­pektrum um Techniken der Avantgarde und baut noch mehr Spannung auf.

Bei Helbocks Auftritt in Wien ging schon das mit der Stille flirtende Intro, eine von mehreren an diesem Abend gegebenen Variatione­n von „Hedwig’s Theme“, sofort unter die Haut. Dieses lyrische Stück aus dem Soundtrack von „Harry Potter“kommt gut ohne Film aus. Wie praktisch alle Melodien, die Helbock an diesem dem Filmkompon­isten John Williams zugeeignet­en Abend spielte. Ob das herrlich triste „A Prayer For Peace“aus dem Film „Munich“oder das quasi barocke „Hymn To The Fallen“aus „Saving Privat Ryan“, die Melodien von Williams sind so attraktiv, dass sie nachgerade nach jazziger Interpreta­tion verlangen. Freilich: Wo sich Williams mit großer Lust auf Breitwanda­rrangement­s stürzt, genießt es Helbock, diese wieder zu kargen Gerüsten zu stutzen. Das glückt, weil Williams von seinen Wurzeln her ein Jazzer ist, was er im Aufbau seiner Stücke nicht verleugnen kann. Und wohl auch nicht will. Und so kamen sie nun in eine hochlöblic­he Zweitverwe­rtung.

Das heuer erschienen­e Album „Playing John Williams“war ein Riesenerfo­lg in Deutschlan­d. Herausgeko­mmen ist es auf Act, dem Label des 79-jährigen Produzente­n Siggi Loch, ein Mann, der weiß, wie man Jazz gerade in schwierige­n Zeiten verkaufen kann. So schwört er seine Künstler oft auf Pop-Coverversi­onen und spezielle Albenkonze­pte ein. Helbock, der auch schon ein ganzes Album mit Prince-Stücken veröffentl­icht hat, befasst sich schon länger mit John Williams; bereits auf seinem Debütalbum auf Act (2016) variierte er das „Star Wars“Thema. Damals noch mit seinem Trio. Für sein erstes Soloalbum hat er sich in die Kennmelodi­e vertieft: Er startet mit hellen improvisie­rten Tönen, aus denen er sie behutsam entwickelt. Es folgt ein Wechselspi­el aus wehmütigen Andeutunge­n und wildem Vitalismus, das das Original pfiffig erweitert. So bringt Helbock Eigenes in die WilliamsKo­mpositione­n, ohne an der Substanz zu kratzen. Er improvisie­rt mit Respekt vor dem Original. Der Gestus der Bilderstür­merei ist ihm fremd.

Helbocks Auftritt im Porgy & Bess war bereits sein fünfzigste­r mit diesem Programm. Es war schön zu hören, wie sicher er in ihm ist – und wie er diese Sicherheit immer wieder in den Wind blies, um Wagnisse einzugehen. Nie zeigte er Angst vor der Stille, nie Scheu vor kurzen Kakofonien, aus denen die puren Melodien dann umso glänzender entwuchsen. So schienen die gebannten Besucher dank Helbocks vertrackte­r Sounds im Kopfkino ihre ganz eigenen Versionen von „Star Wars“, „Der weiße Hai“, „Jurassic Park“und „Indiana Jones“zu drehen.

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[ Act ] Nie ohne Kapperl a` la Joe Zawinul: Pianist David Helbock, geboren 1984 in Koblach, Vorarlberg.

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