Präsidentin muss um Sieg zittern
Kroatien. Amtsinhaberin Grabar-Kitarovi´c zieht zwar als Favoritin in die Präsidentenstichwahl gegen Ex-Premier Milanovi´c, doch die Verwerfungen im rechten Lager setzen ihr zu.
Zumindest die Würdenträger versuchten bei der müden Wahlparty von Kroatiens konservativer Regierungspartei HDZ etwas Stimmung zu verbreiten. „Sieg, Sieg, Sieg!“, skandierten nach der überraschenden Etappenschlappe ihrer Hoffnungsträgerin Kolinda Grabar-Kitarovic´ auf der Bühne scheinbar ausgelassen die Mitstreiter und der Ehemann der Präsidentin. Als „Schlacht von zehn gegen eine“bezeichnete die angespannt wirkende Amtsinhaberin die überraschende Niederlage im ersten Wahlgang von Kroatiens Präsidentenkür gegen den sozialdemokratischen Ex-Premier Zoran Milanovic´ (SDP): „Gemeinsam gehen wir nun zum Sieg.“
Obwohl die angeschlagene Amtsinhaberin mit nur 26,65 Prozent der Stimmen in der ersten Wahlrunde entgegen der meisten Prognosen klar hinter ihrem reaktivierten SDP-Rivalen Milanovic´ (29,55 Prozent) landete, zieht sie erneut als Favoritin in die Stichwahl am 5. Jänner. Der Grund: Die Wähler ihres knapp im ersten Wahlgang gescheiterten rechten Rivalen Miroslav Skoro (24,43 Prozent) stehen eher der konservativen HDZ als der sozialdemokratischen SDP nahe.
Die Wähler der Rechten seien im ersten Wahlgang geteilt gewesen, doch die „große Mehrheit“der Skoro-Wähler werde in der Stichwahl erneut für die Präsidentin stimmen, sagt der HDZ- und Regierungschef Andrej Plenkovic´ siegessicher: „Im ersten Wahlgang stimmt man mit dem Herz, aber im zweiten mit dem Verstand.“
Der Partei-Maschinerie der HDZ sei bereits geglückt, „die schlechteste Kandidatin“in die Stichwahl zu hieven, sagt der Analyst Zˇarko Puhovski. Auch er denkt, dass Grabar-Kitarovic´ nun gewinnen werde. Zwei Drittel der Wähler Skoros würden nun für Grabar-Kitarovic´ stimmen, das andere Drittel den Urnen wohl fernbleiben: „Das dürfte für ihren Sieg reichen.“
Andere Analysten halten das Rennen hingegen keineswegs für gelaufen – und auch angesichts der sinkenden Umfragewerte der Favoritin für unerwartet offen. Nicht nur eine Kette peinlicher Wahlkampfpatzer machen der Präsidentin zu schaffen, sondern auch der Popularitätsverlust der HDZ und die tiefen Verwerfungen innerhalb der kroatischen Rechten.
Für Skoro, der vor der Parlamentswahl im nächsten Jahr mit der Gründung einer neuen Rechtspartei liebäugelt, wäre die Unterstützung für die HDZ-Kandidatin ein „politischer Selbstmord“, glaubt das Webportal „index.hr“: Nach ihrer „Erniedrigung“im ersten Wahlgang ziehe die Präsidentin nun mit der „Aura der Verliererin“in die Stichwahl.
Grabar-Kitarovic´ scheine zwar mathematisch die bessere Startposition zu haben, doch der „Verlierertrend“spreche gegen sie, meint der Analyst Dragan Bagic:´ „Milanovic´ hat eine Chance, zu gewinnen, wenn es ihm gelingt, für die Stichwahl neue Wähler zu mobilisieren.“
Tatsächlich ist Milanovic,´ der als Premier (2011 bis 2016) seinen Landsleuten vor allem als Mann des jahrelangen Minuswachstums und eines verpatzten EU-Beitritts in Erinnerung geblieben ist, mit dem souveränen Einzug in die Stichwahl schon jetzt ein erfolgreiches Comeback geglückt. Er ziehe in die zweiten Wahlrunde, „aber nicht in den Krieg, denn die Kriege sind vorbei“, kündigt der selbstbewusste Herausforderer für die Stichwahl einen „zivilisierten Wettbewerb“an. Er fühle sich „reif“und vorbereitet für die auf ihn wartenden Aufgaben, so der 53-Jährige: „Möge der bessere gewinnen – und das bin ich.“
Merklich kritischer bewertet hingegen die Zagreber Zeitung „Jutarnji List“die Qualität der ausgeschiedenen und verbliebenen Präsidentschaftskandidaten. Der Sieg Milanovics´ in der ersten Wahlrunde zeuge vor allem vom kurzen Wählergedächtnis an „Europas erfolglosesten Premier“, ätzt das Blatt. Angesichts ihrer „grotesken Patzer“und „affektierten“Wahlkampfauftritte sei derweil GrabarKitarovic´ noch gut davon gekommen. Skoro, der während des Kroatienkriegs „erfolgreich emigriert“sei, habe 30 Jahre später alles auf die Karte des „größten Patrioten“gesetzt: „Wehe uns, wenn diese Präsidentenwahlen Ausdruck unserer politischen Szene sind.“