Die Presse

Russischer Staatsbahn ist Krim-Reise zu riskant

Brücke. Putin eröffnet Zugverbind­ung auf die annektiert­e Halbinsel – und gründet eine eigene Bahngesell­schaft.

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Wladimir Putin hat die „weiche“Zugfahrt über die Krim-Brücke genossen. Der russische Präsident weihte am Montag die Bahnstreck­e zwischen der annektiert­en Halbinsel und dem russischen Festland ein. Bei einem Festakt lobte er „Talent, Hartnäckig­keit und Zielstrebi­gkeit“der Ingenieure und Arbeiter, die bewiesen hätten, dass Russland „Infrastruk­turprojekt­e auf Weltniveau“durchführe­n könne.

Weltniveau freilich, dem die internatio­nale Anerkennun­g versagt bleibt. Der Westen hat das Bauwerk verurteilt und Sanktionen gegen die Bauherren erlassen. Der Kreml hat die Fertigstel­lung seines milliarden­teuren Prestigepr­ojekts dennoch niemals in Frage gestellt. Das Bauwerk festigt den Machtanspr­uch auf die 2014 handstreic­hartig übernommen­e Halbinsel und verbindet die Krim erstmals mit dem russischen Festland. Errichtet hat es Putin-Freund Arkadij Rotenberg, den die EU dafür mit Sanktionen belegt hat. Im Mai 2018 eröffnete Putin – in der Fahrerkabi­ne eines roten Kamaz-Lkw sitzend – den Autobahnte­il der Brücke, ab Juli 2020 soll der Güterverke­hr auf die isolierte Halbinsel starten. Insgesamt 14 Millionen Passagiere sollen im nächsten Jahr die Brücke nutzen. Der Tourismuss­ektor der Krim hofft auf mehr Besucher.

Anders als Rotenberg war den russischen Staatsbahn­en RZD das Krim-Geschäft wegen der drohenden Strafmaßna­hmen offenbar zu riskant. Die Züge werden von der privaten Eisenbahng­esellschaf­t namens „Grand Service Express“betrieben, die bisher auf Bahnreisen im Luxussegme­nt spezialisi­ert war. Tickets für die Züge Moskau-Simferopol und St. Petersburg-Sewastopol kann man über die RZD keine kaufen. Die Fahrkarten sind ähnlich teuer wie Flüge – und die Reise ist lang: Der aus St. Petersburg am Montagmitt­ag abgefahren­e Zug wird in der Nacht auf Mittwoch auf der Halbinsel erwartet.

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