Wo alte Handys neue Jobs schaffen
Social Business. Bei Magdas Recycling werden jene Handys verwertet, die die Österreicher vor Weihnachten in die „Ö3 Wundertüte“stecken. Hier finden jene einen Job, die sonst keinen finden.
Heute herrscht die Ruhe vor dem Sturm. Jeden Moment soll der Lastwagen der Post kommen. Er wird 26 Gitterboxen ausladen, voll mit ausrangierten Handys. Hier in der Steinheilgasse in Wien Floridsdorf, in einem gemütlichen Neubau aus Holz, endet die Reise der Handys, die die Österreicher jedes Jahr vor Weihnachten in die „Ö3 Wundertüte” stecken. Vorerst. Später landen die Handys auf Verkaufsplattformen wie Willhaben, auf Amazon oder in Hongkong, wo sie auf einer Auktion versteigert werden. Alte Handys werden so weiter verwendet. Und Langzeitarbeitslose finden wieder Jobs.
Magdas Recycling ist ein sogenanntes „Social Business“. Es gehört, wie das Magdas Hotel in Wien Leopoldstadt, zur Caritas. Man arbeitet ohne Subventionen und mit dem Ziel, ausgeglichen zu wirtschaften. Aber die Grundaufgabe ist es, Spenden für die Caritas zu erwirtschaften – und Jobs für Menschen zu schaffen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben. Sei es, weil sie älter sind, psychische Probleme haben, krank sind oder schlecht Deutsch sprechen. Von einem Jahresumsatz zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro bleiben 500.000 bis 600.000 übrig. Das geht alles an die Caritas.
Seit zwölf Jahren kümmert sich Magdas um die Handys aus der Wundertüte, rund 450.000 werden jedes Jahr gesammelt. Und das funktioniert so: Die Lieferung kommt, dann wird grob aussortiert. Ein Drittel der Geräte sind defekt oder so alt, dass sie nur noch für das Recycling taugen. Dort werden Wertstoffe wie Gold extrahiert. Der Rest bleibt bei Magdas und wird „auf Herz und Nieren getestet”, sagt Clemens Sillaber, der die Produktion leitet. Sie werden neu aufgesetzt, nach Herstellern sortiert, die Akkus geprüft, registriert. Dann gehen sie an Großhändler, und über die wieder auf den Markt. Das sei auch gut für die Umwelt, sagt Sillaber: „Jedes dieser Handys muss nicht neu produziert werden.“
Sillaber ist Chef von zehn Mitarbeitern. Sie alle haben Lebensläufe mit Brüchen: Sie sind Flüchtlinge, saßen im Gefängnis oder sind psychisch oder körperlich krank. „Hier finden sie wieder in einen fixen Tagesablauf”, sagt Sillaber. Der 55-Jährige gehört in keine dieser Kategorien. Trotzdem weiß er, wie es ist, wenn man auf dem Arbeitsmarkt plötzlich in die Kategorie „schwer vermittelbar” fällt.
Der Betriebswirt verlor mit 49 Jahren seinen Job als Geschäftsführer eines mittelgroßen Produktionsbetriebs. Er schrieb über 300
Bewerbungen, klapperte all seine Kontakte ab, machte sogar eine Tischlerlehre – und fand trotzdem keinen Arbeitsplatz. Dann heuerte er über die Aktion 20.000 bei der Caritas an und wurde schließlich zu Magdas Recycling geholt. Mit der unter SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern eingeführten Beschäftigungsaktion wurden Jobs für Langzeitarbeitslose geschaffen. Die türkis-blaue Koalition hat die Aktion 20.000 voriges Jahr eingestellt.
Farhad Qasimy kommt aus Afghanistan. Er erzählt, dass er während der Schule dort als Englischlehrer gearbeitet und danach für die Nato-Streitkräfte übersetzt und damit den Zorn der Taliban auf sich gezogen habe. Seit 2012 ist er in Österreich. Zu Jahresbeginn hat er seine Lehre als Bürokaufmann abgeschlossen. „Jetzt will ich Erfahrungen in der Arbeitswelt sammeln”, sagt Qasimy. Auch für seine Zukunft hat er einen Plan: „Als Büroangestellter arbeiten”, sagt er.
Der Lastwagen ist immer noch nicht da. Jeden Moment sollte er kommen. An einem Schreibtisch sitzt eine Frau und zerlegt ein Handy. Auch sie ist über die Aktion 20.000 zu Magdas Recycling gekommen. Hier bekommt jeder eine Chance. Nur eines ist Produktionsleiter Clemens Sillaber sehr wichtig: „Ein gewisses technisches Verständnis, handwerkliches Geschick und IT-Kenntnisse helfen sehr im Produktionsablauf.“