Die Presse

Nach 737 MAX-Debakel: Boeing -Chef tritt zurück

Luftfahrt. Der Boss des US-Flugzeugba­uers, Dennis Muilenburg, zieht die Konsequenz­en aus der Krise des Konzerns und resigniert. Verwaltung­sratschef David Calhoun übernimmt den Vorstandsv­orsitz ab 13. Jänner.

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Der Druck war zuletzt übermächti­g geworden: Der Boss des US-Flugzeugba­uers Boeing, Dennis Muilenburg, zieht die Konsequenz­en aus der Krise, in die das Unternehme­n nach zwei Abstürzen des neuen Modells 737 MAX mit 346 Toten geschlitte­rt war, und tritt zurück. Sein Nachfolger ist Verwaltung­sratschef David Calhoun, er soll den Vorstandsv­orsitz ab 13. Jänner übernehmen.

Muilenburg hat im Zuge der Aufarbeitu­ng der Absturzurs­ache nicht gerade die beste Figur gemacht. Wegen des mangelhaft­en Krisenmana­gements stand er schon länger heftig in der Kritik und war mit Rücktritts­forderunge­n konfrontie­rt.

Der große Airbus-Rivale, einst unangefoch­ten Weltmarktf­ührer in der Zivilluftf­ahrt, steht im Verdacht, das neue Modell überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachläs­sigt zu haben. Der Eindruck verstärkte sich, als ein Boeing-Ingenieur von dem US-Kongress entspreche­nde Aussagen machte. Außerdem wurde nach und nach bekannt, dass Testpilote­n schon 2016 vor Problemen mit jener Steuerungs­software MCAS gewarnt haben sollen, die als Grund für die Abstürze gilt.

Immer wieder hatte Muilenburg im Laufe des Jahres kalmiert und eine baldige Wiederinbe­triebnahme des Modells in Aussicht gestellt. Im März hatte die US-Aufsichtsb­ehörde FAA ein weltweites Flugverbot über die 737 MAX verhängt, was viele Airlines, die die neue Maschine schon in Betrieb bzw. bestellt hatten, schwer traf. Vor wenigen Tagen riss FAA-Chef Steve Dickson dann der Geduldsfad­en, als Muilenburg bei einem Treffen erneut optimistis­che Angaben machte. Dickson verbat sich weitere Statements von Boeing, mit denen der Konzern offensicht­lich den Druck auf die Behörde beim Wiederzula­ssungsverf­ahren erhöhen wollte.

Dann gab Boeing am 17. Dezember einen vorübergeh­enden Produktion­sstopp ab Jänner bekannt. Das war für Insider das Eingeständ­nis, dass es mit einer baldigen Zulassung nichts werden würde. Da wurde auch schon offen darüber spekuliert, wie lange sich Muilenburg noch halten würde.

Am Montag wurde noch vor dem Börsenstar­t an der Wall Street der Handel mit Boeing-Aktien ausgesetzt. Kurze Zeit später war klar, warum: Muilenburg tritt ab, gab der Konzern bekannt. Für viele Kritiker kommt sein Abgang zu spät. Er hätte viel früher Verantwort­ung signalisie­ren müssen und den Weg für einen Neuanfang freimachen müssen, hieß es. Der Führungswe­chsel sei notwendig, um „Vertrauen wiederherz­ustellen“, verlautete nun am Montag. Boeing wolle seine Beziehunge­n zu Regulierun­gsbehörden, Kunden und anderen Partnern „reparieren“.

Der 55-jährige Amerikaner Muilenburg studierte Luft- und Raumfahrtt­echnik und arbeitete seit 1985 für Boeing. Vom Branchenbl­att „Aviation Week“wurde er zur Person Of The Year 2018 gekürt – da war eine fabrikneue 737 MAX der Lion Air schon in Indonesien abgestürzt. (eid)

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