„Le Corsaire“: Räuber-Ballett wie aus dem Märchenbuch
Staatsoper. Bis 3. Jänner zeigt das Staatsballett Manuel Legris’ Version des Klassikers: Flott. Kurzweilig geht’s zu unter diesen Freibeutern.
Entführung, Raub, Messerstechereien, Frauenhandel und der Kampf um die große Liebe – „Le Corsaire“ist eine Räubersg’schicht wie aus dem Märchenbuch, die das Herz schneller und auch höher schlagen lässt. Ballettdirektor Manuel Legris hat den 1856 uraufgeführten Klassiker 2016 für das Wiener Staatsballett neu interpretiert – und als flottes, kurzweiliges Handlungsballett mit orientalischem Flair auf die Staatsopernbühne gebracht. Es war Legris erste eigene abendfüllende Choreografie, er wollte darin auch die Qualitäten seiner Tänzerinnen und Tänzer hervorheben – und es gab eine umjubelte Premiere. Vor allem auch, weil Legris sich als formidabler Geschichtenerzähler erweist: Hier braucht es kein Vorwissen über klassisches Ballett, auch kein Programmheft, das alles erklärt – beredter Tanz und abwechslungsreiche Szenen sagen alles.
Am deutlichsten sah man es bei der Wiederaufnahme vergangenen Samstag am Gesicht der auf dem Basar zum Kauf angebotenen Medora.´ Bei jeder Drehung wechselt Kiyoka Hashimoto in dieser Rolle den Gesichtsausdruck: Schaut sie zum Pascha, liest man in ihren Zügen Abneigung und Verzweiflung – doch Conrad (Denys Cherevychko), dem Freibeuter, der sich auf den ersten Blick in sie verliebt hat, schenkt sie in der nächsten Sekunde ihr strahlendstes Lächeln. Auch Natascha Mair (als Medoras´ Freundin Gulnare) beherrscht die Kunst, höchste tänzerische Herausforderungen mit einem lockeren Lächeln zu servieren.
Die Tänze sind teils wirbelnd schnell, Legris fordert viel von seiner Compagnie, die von der schwungvollen Musik (u. a. von Adolphe Adam; Dirigent: Valery Ovsyanikov) zur Höchstgeschwindigkeit angestachelt wird, sodass das Publikum den Atem anhält. Die Rollen sind treffend besetzt, und so entsteht ein lebendiges, märchenhaftes Bild mit Freibeutern (Masayu Kimoto wird als Birbanto vom Mitstreiter zum Gegenspieler Conrads), Sklavenhändlern (durchtrieben: Mihail Sosnovschi), einem Pascha (Eno Peci tanzt nicht, er schreitet nur) und Frauen, die mit nacktem Bauch und Schleier für die Männer tanzen müssen – oder ihnen selbstbewusst begegnen wie die vor Energie sprühende Zulmea´ (Alice Firenze).
Auch wenn an diesem Abend vor allem bei den Hebungen kleinere Patzer passierten – am Ende bleibt die Erinnerung an einen hin- und mitreißenden Ballettabend.