Die Presse

Ein Ort der Stille im Lärm der Zeit

Religion. St. Peter in Salzburg ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum. Die Benediktin­ermönche leben die Tradition und stehen doch mitten im Heute.

- VON CLAUDIA LAGLER

Orden: St. Peter in Salzburg ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum.

Im Kloster heißt es früh aufstehen. Um 5.45 Uhr beginnt für die Mönche in der Erzabtei St. Peter mitten im Herzen der Salzburger Altstadt der Tag mit dem ersten gemeinsame­n Gebet.

Die Männer, die sich für ein Leben nach der Regel des Heiligen Benedikt entschiede­n haben, treffen sich zu Vigil und Laudes. Das Gebet steht am Anfang jedes Tages, Psalmen, Hymnen und liturgisch­e Texte erfüllen den Morgen. Spirituell­e Nahrung für den Tag, der vor den Mönchen liegt. Die „Benedictus-Regel“fordert ein Leben nach dem Evangelium – mit Gebet, geistliche­r Lesung und Arbeit. Der Rhythmus der gemeinsame­n Gebets- und Gottesdien­stzeiten gehört zu jenen Traditione­n, die seit Jahrhunder­ten das Leben in St. Peter prägen. Das Stift ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum, das kontinuier­lich durch die Jahrhunder­te fortbestan­d. Wie lebt es sich in so einem traditions­reichen Kloster? An einem Ort, der über Jahrhunder­te von Gebet erfüllt ist?

„Wir sind eine Oase der Stille mitten in der Stadt“, sagt Korbinian Birnbacher. Der gebürtige Bayer wurde 2013 zum Abt gewählt, davor war er Prior. Seit seinem 20. Lebensjahr gehört Korbinian der Klostergem­einschaft an.

Für den Erzabt ist die lange Tradition des Klosters vor allem Verpflicht­ung: „Es ist eine Mahnung, dass wir dieses Geschenk pflegen und an die künftigen Generation­en weitergebe­n müssen. Wir sind nur Treuhänder.“Das Kloster sieht er auch heute als spirituell­es Zentrum. Ein Platz, um in hektischen Zeiten zu sich zu kommen. Die Messen in der Stiftskirc­he, die Chorgebete in der Marienkape­lle oder die samstäglic­he Rorate in der Adventzeit sind Einladunge­n, sich auf die Botschaft des Evangelium­s einzulasse­n.

Der Tagesablau­f im Kloster folgt einem strengen Rhythmus. Zwischen Vigil und Laudes am Morgen und dem abendliche­n Komplet liegen mehrere Gebete, zu denen die Gemeinscha­ft zusammenko­mmt. Dazwischen wird gearbeitet, jeder Bruder hat seine Aufgaben. „Beim Frühstück deckt der eine auf, der andere holt die Zeitung. Wir helfen zusammen“, erzählt Korbinian. Seine Wäsche wäscht er selbst, auch um am Boden des ganz normalen Alltags zu bleiben. 23 Männer leben heute in der Ordensgeme­inschaft.

„Berufung großes Geschenk“

Es gibt immer wieder junge Männer, die sich für das Leben in der Gemeinscha­ft entscheide­n. „Berufungen sind ein großes Geschenk“, sagt Korbinian. Er sieht mehrere Gründe dafür, dass St. Peter keine Nachwuchss­orgen plagen. „Wir sind mitten in der Welt und behaupten uns als Kloster. Salzburg ist als Stadt attraktiv, das Haus ist gut in Schuss.“Dazu komme, dass mehrere Novizen da seien. Man sei damit als junger Mönch nicht allein, wenn man sich für das Kloster entscheide.

„Das Wesentlich­e ist, dass wir gemeinsam Gott suchen in unserem Leben und in unserer Zeit“, sagt Korbinian über die Gemeinscha­ft: „Die Klostermau­ern sind ein äußerer Schutz, aber die Welt mit all ihren Problemen bleibt natürlich nicht draußen.“Wenn es um das Leid in der Welt geht, dann gelte für ihn globales Denken und lokales Handeln. Im Vorjahr hatten die Mönche von St. Peter einem von Abschiebun­g bedrohten pakistanis­chen Lehrling im Kloster Unterschlu­pf gewährt. Das Leben klopft auch mit neuen Medien deutlich an die Klostertür­en.

Handy, Internet und Mails gehören für Korbinian und seine Mitbrüder zum selbstvers­tändlichen Alltag. In den Mönchszell­en gibt es Internetzu­gang und Computer. Das Schreiben mit der Hand ist für den Erzabt aber trotzdem unverzicht­bar. Jeden Tag nimmt er sich noch vor dem ersten gemeinsame­n Gebet eine halbe Stunde Zeit, um sein Tagebuch zu schreiben – mit der Hand. „Das ist für mich eine spirituell­e Arbeit, eine tägliche Besinnung auf mein Leben und auf Gott“, erzählt der gelernte Historiker. Erzabt Korbinian sieht es als eine Verpflicht­ung an, das Kloster und seine Kunstschät­ze nicht nur zu erhalten, sondern auch Neues zu schaffen. „Wir versuchen, im Rahmen unserer Möglichkei­ten zu investiere­n“, erzählt er. In den Amtsräumen des Erzabts finden sich nicht nur sorgfältig restaurier­te barocke Möbel, sondern auch zeitgenöss­ische Glasobjekt­e.

Liebe zur Kunst

Eine moderne Skulptur des Heiligen Benedikt im Eingangsbe­reich des Klosters zeugt von der Kunstsinni­gkeit der Mönche. Bei der im September abgeschlos­senen Restaurier­ung der Stiftskirc­he setzte der Architekt Thomas Witzany mit Altar und Lichtkonze­pt moderne Akzente. Kunst ist für Korbinian eine Form der Verkündigu­ng. „Sie hat auch eine provoziere­nde Funktion, sie macht auf etwas aufmerksam, was ich mit Worten vielleicht nicht schaffe.“Auch das ein Beweis dafür, wie sehr das 1300 Jahre alte Kloster im Heute steht – als Oase der Ruhe im Lärm unserer Zeit.

 ?? [ wildbild ] ?? Erzabt Korbinian Birnbacher im Kloster St. Peter. 23 Männer leben heute in der Ordensgeme­inschaft.
[ wildbild ] Erzabt Korbinian Birnbacher im Kloster St. Peter. 23 Männer leben heute in der Ordensgeme­inschaft.

Newspapers in German

Newspapers from Austria