Ein Ort der Stille im Lärm der Zeit
Religion. St. Peter in Salzburg ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum. Die Benediktinermönche leben die Tradition und stehen doch mitten im Heute.
Orden: St. Peter in Salzburg ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum.
Im Kloster heißt es früh aufstehen. Um 5.45 Uhr beginnt für die Mönche in der Erzabtei St. Peter mitten im Herzen der Salzburger Altstadt der Tag mit dem ersten gemeinsamen Gebet.
Die Männer, die sich für ein Leben nach der Regel des Heiligen Benedikt entschieden haben, treffen sich zu Vigil und Laudes. Das Gebet steht am Anfang jedes Tages, Psalmen, Hymnen und liturgische Texte erfüllen den Morgen. Spirituelle Nahrung für den Tag, der vor den Mönchen liegt. Die „Benedictus-Regel“fordert ein Leben nach dem Evangelium – mit Gebet, geistlicher Lesung und Arbeit. Der Rhythmus der gemeinsamen Gebets- und Gottesdienstzeiten gehört zu jenen Traditionen, die seit Jahrhunderten das Leben in St. Peter prägen. Das Stift ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum, das kontinuierlich durch die Jahrhunderte fortbestand. Wie lebt es sich in so einem traditionsreichen Kloster? An einem Ort, der über Jahrhunderte von Gebet erfüllt ist?
„Wir sind eine Oase der Stille mitten in der Stadt“, sagt Korbinian Birnbacher. Der gebürtige Bayer wurde 2013 zum Abt gewählt, davor war er Prior. Seit seinem 20. Lebensjahr gehört Korbinian der Klostergemeinschaft an.
Für den Erzabt ist die lange Tradition des Klosters vor allem Verpflichtung: „Es ist eine Mahnung, dass wir dieses Geschenk pflegen und an die künftigen Generationen weitergeben müssen. Wir sind nur Treuhänder.“Das Kloster sieht er auch heute als spirituelles Zentrum. Ein Platz, um in hektischen Zeiten zu sich zu kommen. Die Messen in der Stiftskirche, die Chorgebete in der Marienkapelle oder die samstägliche Rorate in der Adventzeit sind Einladungen, sich auf die Botschaft des Evangeliums einzulassen.
Der Tagesablauf im Kloster folgt einem strengen Rhythmus. Zwischen Vigil und Laudes am Morgen und dem abendlichen Komplet liegen mehrere Gebete, zu denen die Gemeinschaft zusammenkommt. Dazwischen wird gearbeitet, jeder Bruder hat seine Aufgaben. „Beim Frühstück deckt der eine auf, der andere holt die Zeitung. Wir helfen zusammen“, erzählt Korbinian. Seine Wäsche wäscht er selbst, auch um am Boden des ganz normalen Alltags zu bleiben. 23 Männer leben heute in der Ordensgemeinschaft.
„Berufung großes Geschenk“
Es gibt immer wieder junge Männer, die sich für das Leben in der Gemeinschaft entscheiden. „Berufungen sind ein großes Geschenk“, sagt Korbinian. Er sieht mehrere Gründe dafür, dass St. Peter keine Nachwuchssorgen plagen. „Wir sind mitten in der Welt und behaupten uns als Kloster. Salzburg ist als Stadt attraktiv, das Haus ist gut in Schuss.“Dazu komme, dass mehrere Novizen da seien. Man sei damit als junger Mönch nicht allein, wenn man sich für das Kloster entscheide.
„Das Wesentliche ist, dass wir gemeinsam Gott suchen in unserem Leben und in unserer Zeit“, sagt Korbinian über die Gemeinschaft: „Die Klostermauern sind ein äußerer Schutz, aber die Welt mit all ihren Problemen bleibt natürlich nicht draußen.“Wenn es um das Leid in der Welt geht, dann gelte für ihn globales Denken und lokales Handeln. Im Vorjahr hatten die Mönche von St. Peter einem von Abschiebung bedrohten pakistanischen Lehrling im Kloster Unterschlupf gewährt. Das Leben klopft auch mit neuen Medien deutlich an die Klostertüren.
Handy, Internet und Mails gehören für Korbinian und seine Mitbrüder zum selbstverständlichen Alltag. In den Mönchszellen gibt es Internetzugang und Computer. Das Schreiben mit der Hand ist für den Erzabt aber trotzdem unverzichtbar. Jeden Tag nimmt er sich noch vor dem ersten gemeinsamen Gebet eine halbe Stunde Zeit, um sein Tagebuch zu schreiben – mit der Hand. „Das ist für mich eine spirituelle Arbeit, eine tägliche Besinnung auf mein Leben und auf Gott“, erzählt der gelernte Historiker. Erzabt Korbinian sieht es als eine Verpflichtung an, das Kloster und seine Kunstschätze nicht nur zu erhalten, sondern auch Neues zu schaffen. „Wir versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu investieren“, erzählt er. In den Amtsräumen des Erzabts finden sich nicht nur sorgfältig restaurierte barocke Möbel, sondern auch zeitgenössische Glasobjekte.
Liebe zur Kunst
Eine moderne Skulptur des Heiligen Benedikt im Eingangsbereich des Klosters zeugt von der Kunstsinnigkeit der Mönche. Bei der im September abgeschlossenen Restaurierung der Stiftskirche setzte der Architekt Thomas Witzany mit Altar und Lichtkonzept moderne Akzente. Kunst ist für Korbinian eine Form der Verkündigung. „Sie hat auch eine provozierende Funktion, sie macht auf etwas aufmerksam, was ich mit Worten vielleicht nicht schaffe.“Auch das ein Beweis dafür, wie sehr das 1300 Jahre alte Kloster im Heute steht – als Oase der Ruhe im Lärm unserer Zeit.