Die Presse

Der deutsche Pass als neue, letzte Chance

Ski alpin. Um weiterhin im Weltcup mitfahren zu können, nahm Romed Baumann die deutsche Staatsbürg­erschaft an.

-

Romed Baumann kannte den Rennanzug der deutschen Skifahrer natürlich schon lang, er ist seit mehr als 15 Jahren im Weltcup aktiv und saß oft genug in Warteräume­n in der Nähe seiner deutschen Konkurrent­en. Dass er diesen Anzug nun selbst trägt, sei für ihn dennoch gewöhnungs­bedürftig. „Das erste Mal, als ich in Lake Louise abgeschwun­gen habe, habe ich zweimal schauen müssen, als ich die deutsche Flagge hinter meinem Namen gesehen habe“, erzählt Baumann.

Denn so neu alles noch immer ist: Der Tiroler mit deutscher Frau, zwei Töchtern, einem Haus im bayrischen Kiefersfel­den und seit dem Frühjahr auch einem deutschen Pass fühlt sich wohl in der neuen sportliche­n Umgebung. „Das ist nicht selbstvers­tändlich, dass einer dazukommt und absolut gleich behandelt wird. Training, Physio, alles rundherum“, sagt Baumann. Er wirkt dabei ehrlich dankbar. „Ich bin mit nichts gekommen. Außer meinem Startplatz und meiner Erfahrung.“

In Österreich war beides nichts mehr wert, der 33-Jährige verlor seinen Kaderplatz und hätte sich selbst auf die Saison vorbereite­n müssen. Ob er im Weltcup noch hätte starten dürfen? Vermutlich nicht.

Zu groß ist hierzuland­e die Konkurrenz, auch der ÖSV hat wie alle anderen Länder nur maximal acht Startplätz­e je Rennen zu vergeben. „Ich habe schon das Angebot bekommen, dass ich mittrainie­ren und Quali fahren kann“, sagt Baumann. „Aber ich habe das jetzt zwei Jahre mitgemacht, und die Qualimühle arbeitet dich irgendwann auf.“Also rief er Alpinchef Wolfgang Maier beim Deutschen Skiverband an und fragte nach einer Chance.

Die bekam er nach einiger Bedenkzeit im Verband – schließlic­h kostet ein weiterer Fahrer mit den gleichen Rechten wie alle anderen auch Geld für Hotelzimme­r, Flüge und die Betreuung durch Physios und Trainer. Aber Baumann hat das ersehnte Okay bekommen – und die Weltcup-Rennen 280 bis 284 seiner Karriere nun für den DSV bestritten. Die beiden Abfahrten in Bormio heute (11.30 Uhr, live, ORF 1) und am Samstag sind die Nummern 285 und 286, die Kombinatio­n am Sonntag ist Nummer 287 – und eine echte Chance: In dieser Disziplin holte er seine beiden Weltcup-Siege und 2013 auch WM-Bronze.

Bislang ist der 15. Platz zum Auftakt in der Abfahrt von Lake Louise das mit Abstand beste Resultat. „Ich bin topmotivie­rt. Ich war mit dem Einstieg in den Winter zufrieden, auch wenn kein Topresulta­t dabei war. Ich habe gesehen, dass ich teilzeitmä­ßig bei den Allerschne­llsten dabei bin“, sagt Baumann. Das war die letzten zwei Jahre nicht unbedingt so.

Teamkolleg­en und Trainer sind jetzt schon glücklich mit dem Neuzugang. „Romed ist cool. Romed ist ein genialer Kerl. Ich finde es gut, dass er sich so integriert hat bei uns“, sagt etwa Josef Ferstl. Auch Thomas Dreßen hat Baumann gern begrüßt: „Ich profitiere brutal von ihm.“(red/DPA)

 ?? [ Groder / EXPA / picturedes­k.com ] ?? Baumann geht seit dieser Saison für Deutschlan­d auf Punktejagd.
[ Groder / EXPA / picturedes­k.com ] Baumann geht seit dieser Saison für Deutschlan­d auf Punktejagd.

Newspapers in German

Newspapers from Austria