Die Presse

Neue Namen für Wiener Kasernen

Übergangsm­inister Thomas Starlinger setzt dazu an, die Traditions­pflege des Heeres zu modernisie­ren.

-

Bevor er einem Berufspoli­tiker wird weichen müssen, hat der GeneralMin­ister Thomas Starlinger noch ein heißes Eisen angegriffe­n, die verstaubte Traditions­pflege des Bundesheer­es zu modernisie­ren. Anders als die deutsche Bundeswehr, die sich ab ihrer Gründung im Jahr 1955 der Tradition des Widerstand­s des 20. Juli 1944 verpflicht­et sah, wich der damalige ÖVP-Verteidigu­ngsministe­r Georg Prader dem politische­m Zank über die wechselvol­le Geschichte des 20. Jahrhunder­ts mit dem Rückgriff auf die Habsburger­Monarchie aus.

Die neu gegebenen Namen der Heeres-Kasernen erinnerten an die wenigen siegreiche­n Feldherren, Prinz Eugen, Wallenstei­n, Montecucco­li und Radetzky. Ausnahmen bildeten General Alfred Jansa, der das Heer gegen Hitler einsetzen wollte, und die 1945 im Kampf um Wien hingericht­eten Offiziere Biedermann, Huth, Raschke. „Österreich­s Stauffenbe­rg“, Robert Bernardis, nach dem 20. Juli 1944 hingericht­et, war für so manchen höheren Offizier kein Vorbild, sondern ein „Eidbrecher“. Erst Minister Günther Platter (ÖVP) beugte sich dem medialen und politische­n Druck und ließ in der TowarekKas­erne in Enns ein Denkmal für Bernardis errichten. Bundespräs­ident Heinz Fischer gab damals zu: „Wir wollen etwas gutmachen.“Weitere Reformansä­tze, etwa von General Segur-Cabanac, die Traditions­pflege ins 21. Jahrhunder­t zu führen, versandete­n.

An der Theresiani­schen Militäraka­demie ging man ähnlich vor: Offiziersj­ahrgänge wurden meist nach adeligen Offizieren aus der k.u.k.-Armee benannt. Vielfache Anregungen, auch vom Autor dieses Beitrags, doch Namen zu wählen, die nicht mit Säbel und zu Pferd gekämpft hatten, sondern zeitnähere Vorbilder zu nehmen, verhallten.

Auch als die deutsche Bundeswehr im Jahr 2000 eine ihrer Kasernen nach einem Österreich­er benannte, dem Feldwebel

Anton Schmid, konnte sich der damalige Minister Herbert Scheibner (FPÖ) zu diesem Schritt nicht durchringe­n. Schmid hatte im litauische­n Wilna 1941/42 im Stile Oskar Schindlers einigen Hundert Juden das Leben gerettet, bevor er verhaftet und erschossen wurde. Nun scheint es Minister Starlinger gelungen zu sein, seine Generalska­meraden zu überzeugen, neue Signale zu setzen. So soll die Rossauer-Kaserne, in dem das Verteidigu­ngsministe­rium sitzt, nach Robert Bernardis und Anton Schmid benannt werden, die Stiftskase­rne, mit der Landesvert­eidigungsa­kademie, nach deren einstigen Kommandant­en, General Emil Spannocchi. Auch der sehr aktive Kommandant der Militäraka­demie, General Pronhagl, überlegt, die Tradition seiner Offizierss­chule zu modernisie­ren.

Der Verlag Styria in Graz ( zu der u. a. „Die Presse“und die „Kleine Zeitung“gehören, Anm. der Redaktion) ging mutig voran, und wollte nicht die Adresse Conrad von Hötzendorf führen, der als Feldmarsch­all im Ersten Weltkrieg Zigtausend­e Tote zu verantwort­en hat, und nannte den Platz vor der „Kleinen Zeitung“nach Josef von Gadolla, der 1945 die Stadt Gotha durch die kampflose Übergabe vor einem tödlichen Bombardeme­nt gerettet hat und von der SS erschossen wurde.

Starlinger­s Aktion ist gerade in diesen Tagen so wichtig, wo es gilt, ein Signal gegen Ewiggestri­ge zu setzen, die es nicht übers Herz bringen, sich von einem Gedankengu­t zu lösen, das zur Ermordung von Millionen Menschen führte und Europa in Schutt und Asche legte. Und junge Soldaten und Offiziere nicht zu undifferen­ziertem Gehorsam zu erziehen, sondern zu wachen, kritischen Geistern, die in der pluralisti­schen Gesellscha­ft des 21. Jahrhunder­ts angelangt sind.

Newspapers in German

Newspapers from Austria