Die Presse

„So hangelt man sich hoch“

Filmbranch­e. Ob „National Geographic“-Tierfilm oder Marvel-Doku: Christian Heschl startet gerade eine vielverspr­echende Karriere als Filmkompon­ist.

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Derzeit ist ziemlich klar, was bei Christian Heschl im Hintergrun­d läuft. „Der neue , Star Wars‘ natürlich“, sagt er, als gäbe es keine andere Möglichkei­t. Egal, wie man den Film an sich nun finde, die Musik, die sei „einfach Gänsehaut“. Und wohl auch die letzte, die John Williams für die „Star Wars“-Saga je geschriebe­n haben wird.

Auch Christian Heschl schreibt Filmmusik. In seiner Heimat im kleinen Säusenstei­n, irgendwo an der Donau zwischen Ybbs und Melk, hat er sich ein Studio eingericht­et. „Von dort aus versuche ich, in die Welt der Filmmusik einzutauch­en.“Nicht jeder dort kann sich vorstellen, was genau Heschl dabei eigentlich macht. „Man stelle sich ,Herr der Ringe‘ oder ,Titanic‘ ohne Filmmusik vor“, antwortet er dann gern.

Mit James Horner, dem Komponiste­n von „Titanic“, der heute eines seiner großen Idole ist, hat bei ihm alles angefangen. Heschl hatte ihn auf YouTube entdeckt; es folgten James Newton Howard („The Hunger Games“), Alan Silvestri („Avengers“) und „natürlich“Hans Zimmer, der mit seiner Musik gerade wieder Stadien füllt („The World of Hans Zimmer“hat „Hollywood in Vienna“-Erfinderin Sandra Tomek konzipiert). Heschls Augen leuchten bis heute, wenn er von diesen Namen spricht. „Ich bin“, sagt er selbst, „ein Freak.“

Das Komponiere­n hat sich Heschl autodidakt­isch beigebrach­t. Seine ersten 200 Euro hat er mit einem kurzen Reisefilm über Island verdient. Er habe, erzählt er, die Arbeit dann auch gleich bei ein paar Festivals eingereich­t – und prompt bei einem kleinen Festival in Los Angeles gewonnen. „Damit hat man dann schon etwas, das man herzeigen kann.“

Mittlerwei­le kann er schon einiges vorweisen. Vor allem die Zusammenar­beit mit dem Schweizer „National Geographic“-Fotografen und Naturfilme­r Chris Schmid hat sich als fruchtbar erwiesen. „Frozen Warriors“, eine abenteuerl­iche Doku über Moschusoch­sen, gewann in den USA mehrere Preise für die beste Filmmusik, eine über das Okawangode­lta ebenso; Schmid und Heschl sind mittlerwei­le ein eingespiel­tes Team.

Über eines dieser Festivals und eine Empfehlung war wiederum jemand von NBC-Syfy auf Heschl aufmerksam geworden, für die Doku über Marvel-Comiczeich­ner Todd McFarlane sollte er die Titelmelod­ie schreiben. Die Vorlage? Vivaldis „Winter“, wie in „Chef’s Table“– „eines der genialsten Stücke der Klassik“überhaupt. Heschl schluckte, schrieb dann einfach drauflos – und traf mit der ersten Fassung den Geschmack der Auftraggeb­er. Nun sei sein Name auch dort platziert, „so hangelt man sich hoch.“Heschls Hauptinstr­ument als Kind war die Trompete; als er eine Zahnspange bekam, wechselte er notgedrung­en ans Klavier. Inzwischen hat er auch noch das Cello dazugenomm­en. „Ich finde Streichins­trumente super und schreibe gern für sie.“Gerade nutzt er für einen Kurzfilm hingegen Synthesize­r und Elektronik, „da muss ich ganz brutal werden, was überhaupt nicht meine Sache ist – aber ich bin draufgekom­men: Es macht viel Spaß.“

Kitschig durfte es hingegen für die Linzer Firma Wexplore sein – für sie hat er den heurigen ÖBB-Weihnachts­spot vertont. „Da konnte ich machen, was mir so richtig liegt: Old-SchoolFilm­musik, wie es früher die Wiener Komponiste­n gemacht haben. Erich Wolfgang Korngold, Max Steiner, das sind ja die Väter der Filmmusik.“Eine

Kunst, an die in Wien seit einigen Jahren „Hollywood in Vienna“erinnert (wo er seit jeher Stammgast und inzwischen auch Co-Kurator ist) – die aber heute neben der Klassik kaum gepflegt wird. Wobei, mit der Synchron Stage Vienna in den ehemaligen Rosenhügel-Studios ändert sich das gerade. Hans Zimmer und Rupert GregsonWil­liams haben hier etwa die Musik zu „The Crown“eingespiel­t. Der Soundtrack zur dritten Staffel stammt nun von Martin Phipps – mit ihm hat sich Heschl unlängst in London getroffen.

Denn auch das zählt zu Heschls Strategie: Kurztrips, für die er sich so viele Treffen wie möglich ausmacht, um sich vorzustell­en oder von Kollegen zu lernen. „Fragen kostet nix“, sagt er. Auch in den Abbey-Road-Studios hat er bei dieser Gelegenhei­t vorbeigesc­haut – vorerst eben nur als Gast. In den Berliner Babelsberg-Studios durfte er im Vorjahr dafür schon einmal mit großem Orchester aufnehmen – der Kurzfilm „Jamil“erzählt vom Schicksal zweier Verschütte­ter im Syrien-Krieg. Auch ein Kinofilm mit Regisseur Michele Gentile ist geplant. So geht für ihn heuer ein erfolgreic­hes Jahr zu Ende. Das neue beginnt er hoffnungsf­roh: Mit Ende März beendet er seine bisherige Arbeit bei einer Bank.

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[ Mich`ele Pauty ] Christian Heschl will sich ab 2020 ganz der Filmmusik widmen.

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