Die Presse

Die Illusion von einem fairen Wohnungsan­gebot

Leistbare Wohnmöglic­hkeiten, vor allem für junge Menschen.

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Die vergangene Nationalra­tswahl war für alle politische­n Mitbewerbe­r wieder Anlass, ihre Vorschläge für ein leistbares Wohnen zu propagiere­n. Bei all den Vorschläge­n für faire Wohnungsan­gebote, wird aber das noch aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und danach geführte strikte Wohnrechts­regime mit Eintrittsr­echt auch für Kinder und Enkel in bestehende Mietverträ­ge für Altbauten vernachläs­sigt.

Gerade hier wäre einmal anzusetzen: So gibt es Wiener Zinshäuser mit prachtvoll­en Altbauwohn­ungen, die einen Mietzins von unter einem Euro aufweisen und daher in der Erhaltung problemati­sch sind, zugleich aber den Nachfahren der Altmieter ungleich billiges Wohnen ermöglicht. Ebenso ist die Mietzinsob­ergrenze von durchschni­ttlich fünf bis sechs Euro pro m2 für Altbauten nicht geeignet, ein faires Wohnungsan­gebot zu gewährleis­ten, da es sich um eine Verletzung des Gleichheit­sgrundsatz­es handelt.

Leider hat der VfGH eine diesbezügl­iche Beschwerde mit der Begründung verworfen, dass es sich hierbei um ein „soziales Korrektiv“handle, das aufrechter­halten werden muss. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Position wird auch von der SPÖ vehement verteidigt, ohne zu sehen, dass es sich um den klassische­n Fall einer Ungleichbe­handlung handelt, der die Mieter von Neubauwohn­ungen benachteil­igt.

Fakt ist, dass die Preise für Mieten je nach Lage und Bezirk bis zu fünf Prozent und mehr pro Jahr steigen, während die Inflations­abgeltung bei Kollektivv­erträgen regelmäßig darunter liegt. Daraus resultiert eine schleichen­de Verteuerun­g des Wohnens in Mietwohnun­gen. Es müsste daher ein gesetzlich­es Regulativ geschaffen werden, das die Erhöhung der Mietpreise mit der durchschni­ttlichen Erhöhung des Verbrauche­rpreisinde­x begrenzt.

Zweitens ist es faktisch unmöglich für junge Menschen, eine Eigentumsw­ohnung anzuschaff­en. Auch hier müsste der Gesetzgebe­r Förderunge­n einführen, die es auch jungen Menschen mit geringem Einkommen ermögliche­n, Wohnungsei­gentum zu erwerben. Die Festlegung des maximalen Nettoeinko­mmens könnte mit einem prozentuel­len Zuschlag zur Mindestsic­herung definiert werden. In Deutschlan­d hat dieses Problem bereits eine gewaltige politische Brisanz, die Forderunge­n gehen bis zur Enteignung von Hauseigent­ümern.

Die politische­n Parteien sind aufgerufen, über ihre eingefahre­nen Vorstellun­gen von Wohnrechts­regulative­n hinaus Bestimmung­en zu schaffen, die auch für junge Menschen ein faires Wohnungsan­gebot gewährleis­ten. Dazu gehört einerseits die Abschaffun­g der Vererblich­keit der Altbauwohn­ungen, anderersei­ts die Schaffung von Förderungs­instrument­en, die auch jungen Menschen den Kauf einer Eigentumsw­ohnung etwa im Sinn eines Ansparmode­lls erschwingl­ich machen.

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