Leitartikel von Oliver Pink
Die Verteilung der Ressorts ist in sich stimmig. Was die bisher bekannten Personalia in den Ministerien über die Richtung von Türkis-Grün aussagen.
E s ging dann doch relativ rasch. Dafür, dass, um es an dieser Stelle noch einmal zu betonen, eine rechte und eine linke Partei eine Regierung bilden werden. Die Grünen haben zwar auch bürgerliche Wurzeln, manche wie der langjährige Parteivorsitzende Alexander Van der Bellen auch einen solchen Habitus, realpolitisch waren sie dann aber zumeist links von der SPÖ angesiedelt. Auch Van der Bellen.
ÖVP und Grüne haben sich nun also auf eine Regierung geeinigt. Ganz fertig ist sie zwar noch nicht, an Details wird noch gefeilt, auch die Ressort-Besetzungen sollen nicht ganz fix sein, aber die am Samstag kurz vor Mitternacht verschickte Einladung zum Bundeskongress der Grünen zeigt, dass der Zug in Richtung TürkisGrün schon einmal losgefahren ist.
Die Aufteilung der Ressorts an sich steht mehr oder weniger: Und diese folgt einer gewissen (ideologischen) Logik. Die Sicherheitsressorts, Inneres und Verteidigung, für die ÖVP. Auch jenes Ministerium mit dem meisten Gestaltungsspielraum, das Finanzministerium, fällt an die 37-Prozent-Partei. Die Landwirtschaft ist sowieso eine Erbpacht der traditionellen Bauernpartei. Für die Wirtschaft fühlt sie sich ebenso seit jeher zuständig. Für die Grünen bleiben Soziales und Gesundheit, der mit den Umweltagenden aufgewertete Verkehr, dazu Kultur und Frauen.
Eine weitgehend gute Nachricht ist es jedenfalls, dass das Bildungsministerium bei der ÖVP bleibt. Dieses wurde von Heinz Faßmann umsichtig geleitet: Konsequent in der Sache – dort, wo es sinnvoll und notwendig war, etwa bei den Deutschlernklassen – und verbindlich im Ton. Und auch mit linker Experimentierpolitik wie früher unter SPÖ-Bildungsministerinnen ist damit wohl eher nicht zu rechnen. Faßmann war gewissermaßen der Van der Bellen der türkis-blauen Regierung. Vom professoralen Habitus her, nur ideologisch umgekehrt. Bei ihm hatte man stets das Gefühl, er könnte jederzeit nach links kippen, er tat es aber nie, weil er von seiner Grundstruktur her ein pragmatischer Realpolitiker war und ist.
Dem Innenministerium hätte zur Abwechslung ein unabhängiger Ressortchef gutgetan. Nach all den Jahren unter dem niederösterreichischen Stahlhelm und dann unter freiheitlicher Knute. Aber auch Karl Nehammer ist nicht so grobschlächtig, wie er auf manche, die was mit Medien machen und ihn auch nur aus diesen kennen, wirken mag. Er wird in Sicherheits- und auch in Migrationsfragen Kurs halten. Und ja: Er ist Wiener.
Sollte Klaudia Tanner, unverkennbar aus der niederösterreichischen Schule der Österreichischen Volkspartei – hart, aber herzlich –, tatsächlich Verteidigungsministerin werden, dann würde allerdings auch diese wieder ein Sicherheitsressort besetzen. Also die niederösterreichische Volkspartei.
Ob Gernot Blümel im Finanzministerium wirklich gut aufgehoben ist, wird man sehen. Als wirklicher Finanzexperte war er bisher nicht bekannt, nebenbei hat er im kommenden Jahr noch die Wien-Wahl zu schlagen. Aber er ist immerhin ein „political animal“und solcherart lern- und anpassungsfähig.
W
erner Kogler dürfte, wie es aussieht, das Wohlfühlressort von Heinz-Christian Strache erben. Er wird aber ohnehin alle Hände voll zu tun haben, seine Partei zusammenzuhalten. Man kann darauf wetten, dass grüne Funktionäre – vor allem je weiter sie vom Regierungsbezirk entfernt sind – mit Eifer jedes Haar aus der Suppe fischen werden, das sie im Koalitionspakt finden werden. Und es werden einige, auch einige dickere, darunter sein.
Hinzu kämen auf grüner Seite dann wohl noch Leonore Gewessler (Infrastruktur und Umwelt), Alma Zadic (Justiz), möglicherweise Rudolf Anschober (Soziales, Gesundheit), eventuell auch Eva Blimlinger (Kultur, Frauen). Womit die Mitte-rechts-Fraktion des Sebastian Kurz mit einem Linksdrall wird umgehen lernen müssen.
Für ein Regierungsprogramm haben die Gemeinsamkeiten jedenfalls einmal ausgereicht. Die Mühen der Ebene werden kommen. Auch die so auf Harmonie bedachten Türkisen und Blauen hatten da – noch vor Ibiza – schon so ihre Schwierigkeiten. Mehr zum Thema: Seiten 1 bis 4 E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com