Die Presse

Grüner Bundeskong­ress: Was auf die Delegierte­n wartet

Entscheidu­ng. Am Samstag kommt es zum Showdown in Salzburg. Auch wenn die Einladung dafür kurzfristi­g kam.

- VON PHILIPP AICHINGER

Es war fünf Minuten nach Mitternach­t, als in der Nacht auf Sonntag ein Mail bei Michael Diller-Hnelozub eintrudelt­e. Der Wiener Neustädter ist einer von 276 Grün-Politikern, die beim grünen Bundeskong­ress am Samstag entscheide­n werden, ob die Partei in eine Koalition mit der ÖVP eintritt. Doch den Kongress müssen die Grünen laut ihrer Satzung spätestens eine Woche vor dem Termin festlegen. Ist diese Frist nun überhaupt gewahrt, wenn das Mail erst nach dem Tageswechs­el ankam?

Diller-Hnelozub hatte via Twitter öffentlich gemacht, dass er die Einladung zu dem außerorden­tlichen Bundeskong­ress „offenbar“erst nach Mitternach­t erhalten habe. Nun heißt es im grünen Statut dazu: „Falls ein ao. Bundeskong­ress verlangt wird, hat der Bundesvors­tand für die Durchführu­ng des Beschlusse­s Sorge zu tragen.“Und der früheste Termin des Bundeskong­resses „kann eine Frist von drei Wochen, in begründete­n Dringlichk­eitsfällen von einer Woche nicht unterschre­iten“.

Eine besondere Dringlichk­eit kann man jedenfalls argumentie­ren. Aber wie ist das nun mit der Wochenfris­t? Alles sei ordnungsge­mäß erfolgt, erklärte auf Anfrage der „Presse“am Sonntag eine Sprecherin der Grünen. Nach den langen Verhandlun­gen mit der ÖVP habe der Bundesvors­tand am Samstagabe­nd erst um 23.30 Uhr beschlosse­n, den Bundeskong­ress einzuberuf­en. Darauf sei die Einladung via E-Mail an die Delegierte­n verschickt worden. „Gesendet wurde um 23.48 Uhr, das ist auch im Versandpro­tokoll nachweisba­r“, betonen die Grünen. „Verzögerun­gen könnten auf ein technische­s Problem oder das Abarbeiten der Adressen zurückzufü­hren sein.“

Regierungs­pakt noch nicht versandt

Der offizielle Teil des Kongresses wird ab 13 Uhr in Salzburg über die Bühne gehen. Zuvor werden die Delegierte­n aber bereits ab zehn Uhr die Möglichkei­t haben, die grünen Koalitions­verhandler zu befragen. Der Inhalt des Pakts mit der ÖVP wurde allerdings noch nicht versandt. „Sobald das Regierungs­übereinkom­men fertig ist, schicken wir euch dieses zu, sodass ihr euch vor dem Bundeskong­ress damit auseinande­rsetzen könnt“, verspricht der grüne Generalsek­retär Thimo Fiesel in seiner nächtliche­n Einladung zum Bundeskong­ress.

Auch Parteichef Werner Kogler wandte sich in der Nacht per elektronis­cher Post an seine Parteifreu­nde. „Auch wenn sich lange nicht alle Punkte des Übereinkom­mens wie ein grünes Wahlprogra­mm lesen werden: Demokratie heißt auch, Kompromiss­e nicht zu denunziere­n“, appelliert Kogler darin. Der Pakt mit der ÖVP sei zwar noch nicht in allen Punkten fertig ausverhand­elt. Aber man habe bereits „selbst bei den größten Unterschie­den zwischen ÖVP und Grünen an entscheide­nden Stellen gemeinsam Brücken bauen können“.

Der Bundesvors­tand muss am Samstag mit einfacher Mehrheit darüber entscheide­n, ob das Regierungs­übereinkom­men und die grüne Ministerli­ste angenommen wird. Es gibt 188 Delegierte. Jedes Bundesland stellt mindestens neun Mitglieder, abhängig von der Bevölkerun­gszahl kommen noch weitere dazu. Neben den 188 Delegierte­n sind aber noch zusätzlich alle Grünpoliti­ker in Spitzenfun­ktionen zu laden. Dies umfasst alle Abgeordnet­en und Regierungs­politiker der Partei auf Bundes-, Landes- und EUEbene. Dazu kommen dann noch die Mitglieder des Bundesvors­tands und der grünen Parteiakad­emie („Bildungswe­rkstatt“). Insgesamt ergibt das die Zahl von 276 Personen.

Mehrheit für Koglers Plan erwartet

Beschlussf­ähig ist der Bundeskong­ress, wenn am Samstag zumindest zwei Drittel aller Delegierte­n anwesend sind. Überdies müssen zumindest sieben der neun Bundesländ­er vertreten sein.

Man kann aber davon ausgehen, dass am Samstag Vertreter aus allen Bundesländ­ern nach Salzburg kommen werden, um die erste grüne Regierungs­beteiligun­g auf Bundeseben­e zu beschließe­n. Gerechnet wird mit einer klaren Mehrheit für Koglers Linie. Auch wenn die Einladung zum Bundeskong­ress erst sehr kurzfristi­g bei den Delegierte­n eingelangt ist.

Schreiben wir gemeinsam Geschichte – mutig in die Zukunft.

Thimo Fiesel appelliert an die Delegierte­n. [ APA]

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