Grüner Bundeskongress: Was auf die Delegierten wartet
Entscheidung. Am Samstag kommt es zum Showdown in Salzburg. Auch wenn die Einladung dafür kurzfristig kam.
Es war fünf Minuten nach Mitternacht, als in der Nacht auf Sonntag ein Mail bei Michael Diller-Hnelozub eintrudelte. Der Wiener Neustädter ist einer von 276 Grün-Politikern, die beim grünen Bundeskongress am Samstag entscheiden werden, ob die Partei in eine Koalition mit der ÖVP eintritt. Doch den Kongress müssen die Grünen laut ihrer Satzung spätestens eine Woche vor dem Termin festlegen. Ist diese Frist nun überhaupt gewahrt, wenn das Mail erst nach dem Tageswechsel ankam?
Diller-Hnelozub hatte via Twitter öffentlich gemacht, dass er die Einladung zu dem außerordentlichen Bundeskongress „offenbar“erst nach Mitternacht erhalten habe. Nun heißt es im grünen Statut dazu: „Falls ein ao. Bundeskongress verlangt wird, hat der Bundesvorstand für die Durchführung des Beschlusses Sorge zu tragen.“Und der früheste Termin des Bundeskongresses „kann eine Frist von drei Wochen, in begründeten Dringlichkeitsfällen von einer Woche nicht unterschreiten“.
Eine besondere Dringlichkeit kann man jedenfalls argumentieren. Aber wie ist das nun mit der Wochenfrist? Alles sei ordnungsgemäß erfolgt, erklärte auf Anfrage der „Presse“am Sonntag eine Sprecherin der Grünen. Nach den langen Verhandlungen mit der ÖVP habe der Bundesvorstand am Samstagabend erst um 23.30 Uhr beschlossen, den Bundeskongress einzuberufen. Darauf sei die Einladung via E-Mail an die Delegierten verschickt worden. „Gesendet wurde um 23.48 Uhr, das ist auch im Versandprotokoll nachweisbar“, betonen die Grünen. „Verzögerungen könnten auf ein technisches Problem oder das Abarbeiten der Adressen zurückzuführen sein.“
Regierungspakt noch nicht versandt
Der offizielle Teil des Kongresses wird ab 13 Uhr in Salzburg über die Bühne gehen. Zuvor werden die Delegierten aber bereits ab zehn Uhr die Möglichkeit haben, die grünen Koalitionsverhandler zu befragen. Der Inhalt des Pakts mit der ÖVP wurde allerdings noch nicht versandt. „Sobald das Regierungsübereinkommen fertig ist, schicken wir euch dieses zu, sodass ihr euch vor dem Bundeskongress damit auseinandersetzen könnt“, verspricht der grüne Generalsekretär Thimo Fiesel in seiner nächtlichen Einladung zum Bundeskongress.
Auch Parteichef Werner Kogler wandte sich in der Nacht per elektronischer Post an seine Parteifreunde. „Auch wenn sich lange nicht alle Punkte des Übereinkommens wie ein grünes Wahlprogramm lesen werden: Demokratie heißt auch, Kompromisse nicht zu denunzieren“, appelliert Kogler darin. Der Pakt mit der ÖVP sei zwar noch nicht in allen Punkten fertig ausverhandelt. Aber man habe bereits „selbst bei den größten Unterschieden zwischen ÖVP und Grünen an entscheidenden Stellen gemeinsam Brücken bauen können“.
Der Bundesvorstand muss am Samstag mit einfacher Mehrheit darüber entscheiden, ob das Regierungsübereinkommen und die grüne Ministerliste angenommen wird. Es gibt 188 Delegierte. Jedes Bundesland stellt mindestens neun Mitglieder, abhängig von der Bevölkerungszahl kommen noch weitere dazu. Neben den 188 Delegierten sind aber noch zusätzlich alle Grünpolitiker in Spitzenfunktionen zu laden. Dies umfasst alle Abgeordneten und Regierungspolitiker der Partei auf Bundes-, Landes- und EUEbene. Dazu kommen dann noch die Mitglieder des Bundesvorstands und der grünen Parteiakademie („Bildungswerkstatt“). Insgesamt ergibt das die Zahl von 276 Personen.
Mehrheit für Koglers Plan erwartet
Beschlussfähig ist der Bundeskongress, wenn am Samstag zumindest zwei Drittel aller Delegierten anwesend sind. Überdies müssen zumindest sieben der neun Bundesländer vertreten sein.
Man kann aber davon ausgehen, dass am Samstag Vertreter aus allen Bundesländern nach Salzburg kommen werden, um die erste grüne Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu beschließen. Gerechnet wird mit einer klaren Mehrheit für Koglers Linie. Auch wenn die Einladung zum Bundeskongress erst sehr kurzfristig bei den Delegierten eingelangt ist.
Schreiben wir gemeinsam Geschichte – mutig in die Zukunft.
Thimo Fiesel appelliert an die Delegierten. [ APA]