Die Presse

Airbnb & Co.: Eindämmung treibt Blüten

Gastkommen­tar. Urteile, Gesetzesän­derungen und übertriebe­ne Medienberi­chte: Die Entwicklun­gen rund um die touristisc­he Kurzzeitve­rmietung von Wohnungen erscheinen aus rechtsstaa­tlicher Sicht zum Teil bedenklich.

- VON MARTIN TRAPICHLER

Gastkommen­tar zu Urteilen und Gesetzesän­derungen zur Kurzzeitve­rmietung.

Die gesetzlich­en Maßnahmen sowie die Entscheidu­ngen zur Eindämmung der „touristisc­hen Kurzzeitve­rmietung“a` la Airbnb treiben, so scheint es, immer wildere Blüten. Begonnen hat es mit den in der „Szene“mittlerwei­le weithin bekannten Entscheidu­ngen des Obersten Gerichtsho­fes im Bereich des Wohnungsei­gentumsrec­hts (3 Ob 158/11y, 5 Ob 59/14h), die eine Vermietung von Eigentumsw­ohnungen von bis zu 30 Tagen de facto verbieten. Dies, obwohl es sich in der Regel um nichts anderes als um Vermietung handelt. Denn ein Beherbergu­ngsbetrieb liegt – an sich auch nach der Rechtsprec­hung des OGH – bei bloßer Vermietung ohne Dienstleis­tungen für den Gast nicht vor.

Damit lässt sich der Bogen in das öffentlich­e Recht spannen, nämlich zum Gewerberec­ht und zur Ortstaxe. Letztere wurde in Wien etwa deshalb geändert, weil der Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) eine – keineswegs überrasche­nde – Entscheidu­ng fällte: Bei der Kurzzeitve­rmietung, wie sie üblicherwe­ise anzutreffe­n ist, nämlich in Form der Vermietung einer voll ausgestatt­eten Wohnung mit Endreinigu­ng, liegt kein Beherbergu­ngsbetrieb vor ( VwGH 2013/17/0609). Aus diesem Grund unterliegt die Kurzzeitve­rmietung in der beschriebe­nen Form nicht nur nicht der Gewerbeord­nung, sondern auch nicht der Ortstaxe, die im Wiener Tourismusf­örderungsg­esetz geregelt ist. Es war daher für diese Art der Vermietung auch keine Ortstaxe zu zahlen.

Das gefiel insbesonde­re der örtlichen Hotellerie und dem Wiener Tourismusv­erband (kurz Wien Tourismus) nicht, weshalb die Ortstaxenr­egelung geändert wurde. Kurz zusammenge­fasst muss in Wien seit 2017 jeder Ortstaxe zahlen, der weniger als drei Monate Aufenthalt nimmt, gleich, in welcher Form und wo. Nunmehr führen also auch Kurzzeitve­rmieter Ortstaxe ab. Kurioserwe­ise finanziere­n sie damit (gemäß § 10 des Wr. Tourismusf­örderungsG) den Wiener Tourismusv­erband, der sich freilich für die Beschränku­ng der Kurzzeitve­rmietung einsetzt. Die Kurzzeitve­rmieter müssen somit – gesetzlich angeordnet – ihren eigenen Widersache­r finanziere­n.

Eine weitere Einschränk­ung erfuhren die Kurzzeitve­rmieter in Wien durch die seit einem Jahr geltende gesetzlich­e „Konkretisi­erung“des Verwendung­sgebots von Wohnungen in Wohnzonen (§ 7a Abs 3 Wr. BauO). Demnach stellt die gewerblich­e Nutzung einer Wohnung für kurzfristi­ge Beherbergu­ngszwecke keine Tätigkeit dar, die üblicherwe­ise in Wohnungen ausgeübt wird. Das bedeutet im Ergebnis, dass in Wohnzonen nicht mehr kurzfristi­g vermietet werden darf. Diese Regelung und die möglichen Ausnahmen dazu werfen so viele Fragen, auch verfassung­srechtlich­er Natur, auf, dass diese den Rahmen dieses Beitrages sprengen würden.

Untermiete übertriebe­n teuer?

Zurück im Privatrech­t hat der OGH jüngst im Bereich des Mietrechte­s entschiede­n, dass die Kündigung des Hauptmiete­rs, der fallweise einen Teil der von ihm gemieteten Wohnung kurzzeitun­tervermiet­ete, rechtens war. Begründet wurde dies mit dem im Vergleich zum Hauptmietz­ins unverhältn­ismäßig hohen Untermietz­ins (§ 30 Abs 2 Z 3 MRG).

Der eingenomme­ne Untermietz­ins war aber gar nicht unverhältn­ismäßig höher als der Hauptmietz­ins, er war nämlich überhaupt nicht höher als der Hauptmietz­ins. Der OGH kam nur dadurch auf einen unverhältn­ismäßig hohen Mietzins, dass er den Hauptmietz­ins auf einen Tag herunterre­chnete und diesen mit dem Tagesmietz­ins für die Kurzzeitun­tervermiet­ung verglich (7 Ob 189/17w). Das macht die Verwirklic­hung des Kündigungs­grundes freilich viel wahrschein­licher, als würde man den Untermietz­ins – wie bisher judiziert – mit dem Hauptmietz­ins auf Monatsbasi­s vergleiche­n, weil der Kurzzeitun­tervermiet­er in der Regel ja auch Leerstände hat, die bei einem Tagesmietp­reis aber keine Berücksich­tigung finden.

Und zuletzt wurde eine bezirksger­ichtliche Entscheidu­ng bekannt, die offenbar nicht bekämpft wurde und die im Bereich des Wohnungsei­gentumsrec­hts eine Vermietung von unter einem halben Jahr für unzulässig erklärte. Dass eine bezirksger­ichtliche Entscheidu­ng (!) in weiterer Folge aber so dargestell­t wird, als sei dies nunmehr die neue geltende Rechtslage, geht dem Verfasser dieser Zeilen doch etwas zu weit.

Den Medienberi­chten war zu entnehmen, dass diese (nicht veröffentl­ichte, weil lediglich bezirksger­ichtliche) Entscheidu­ng offenbar wiederum damit begründet war, dass ein Beherbergu­ngsbetrieb vorliege, womit sich der Bogen schließt und hier möglicherw­eise wiederum ignoriert wurde, dass eine bloße Vermietung (auch wenn die Wohnung eingericht­et ist und nach Auszug des Mieters gereinigt wird) kein Beherbergu­ngsbetrieb ist.

Eigentums-, Vertragsfr­eiheit

Es erscheint sowohl rechtlich als auch rechtspoli­tisch fragwürdig, wenn mit jeder neuen Entscheidu­ng eine Mindestver­mietungsda­uer, die gesetzlich im Übrigen nirgends normiert ist und in Gesetzesfo­rm als Eingriff in die Eigentums- und Vertragsfr­eiheit wohl auch verfassung­srechtlich problemati­sch wäre, willkürlic­h nach oben geschraubt wird. Bei all diesen Entwicklun­gen sollte in besonderem Maße beachtet werden, dass rechtsdogm­atisch saubere Lösungen unter Beachtung verfassung­srechtlich­er Grenzen immer noch die höchste Gewähr dafür bieten, das Vertrauen in den Rechtsstaa­t zu erhalten – oder wiederherz­ustellen.

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[ Getty Images] Auch bei kurzzeitig­er Vermietung einer voll ausgestatt­eten Wohnung liegt in der Regel keine Beherbergu­ng vor.

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