Die Presse

Ein Spital, das keinen Chef findet

Rudolfstif­tung. Nach dem Abgang der ärztlichen Direktorin Karin Gutierrez-Lobos wurde der Job im 760-Betten-Spital neu ausgeschri­eben. Beworben hat sich bis jetzt niemand.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Es gibt noch immer keine Bewerber für die Führung der Wiener Rudolfstif­tung.

Es ist ein Symptom für das wankende Wiener Gesundheit­ssystem. Die Rudolfstif­tung, die (mit dem Kaiser-Franz-Josef-Spital) eine Versorgung­sregion von rund 800.000 Menschen betreut, ist derzeit de facto führungslo­s, die Zukunft ist ungewiss, das Personal verunsiche­rt.

Und seit dem Abgang der ärztlichen Direktorin Karin Gutierrez-Lobos wird das 760-Betten-Spital von Michaela Riegler-Keil, der ärztlichen Direktorin des Kaiser-FranzJosef-Spitals, zusätzlich geleitet; was im KAV (Wiener Krankenans­taltenverb­und) Kopfschütt­eln verursacht: „Niemand kann zwei so große Häuser gleichzeit­ig leiten. Das geht nicht.“Der Grund für die Vakanz der ärztlichen Leitung der Rudolfstif­tung ist pikant. Nach dem Abgang von Gutierrez-Lobos wurde der Topjob neu ausgeschri­eben. Beworben haben sich – null Kandidaten. In dem riesigen Gebilde KAV, der mehr als 30.000 Mitarbeite­r umfasst, hat sich niemand gefunden, der das Haus leiten wollte.

„Das ist kein Wunder“

Ein Mediziner der Rudolfstif­tung, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt zur „Presse“: „Es ist ja kein Wunder, dass sich niemand findet, wenn bekannt ist, dass der KAV dieses Spital abwracken will.“Nachsatz: „Welcher Mediziner übernimmt freiwillig die Konkursver­waltung dieser Einrichtun­g, und steht dann später auch noch ohne Job da?“

Hintergrun­d: Vor einigen Wochen waren Pläne der KAV-Führung bekannt geworden, in den nächsten Jahren zentrale Abteilunge­n aus der Rudolfstif­tung abzuziehen, das Haus abzureißen und nur mehr als Kleinspita­l mit 400 Betten zu betreiben. So sollen bis zum Jahr 2023 die Abteilunge­n

HNO, Gynäkologi­e und Geburtshil­fe, Neurochiru­rgie, Plastische Chirurgie und Interventi­onelle Kardiologi­e der Rudolfstif­tung geschlosse­n werden. Diese Abteilunge­n werden dann in andere Spitäler (teilweise) eingeglied­ert – weshalb in der Rudolfstif­tung Verunsiche­rung herrscht und nicht nur Personalve­rtreter vehement gegen die Pläne protestier­en.

Der KAV meint zu den Problemen, eine neue ärztliche Leitung für die Rudolfstif­tung zu finden: „Die Bewerbungs­frist endete Mitte November, und es gab tatsächlic­h keine Bewerbunge­n, die den Anforderun­gen des KAV entsproche­n hätten.“Natürlich trage die Tatsache, dass in der Medienberi­chterstatt­ung die Zukunft des Hauses immer wieder infrage gestellt wird, nicht zur Attraktivi­tät der ausgeschri­ebenen Funktion bei. „Daher halten wir nochmals fest, dass die Rudolfstif­tung fester und integraler Bestandtei­l unserer Ziel- und Gesamtplan­ung ist und auch in Zukunft bleibt.“Die Absiedlung von zahlreiche­n Abteilunge­n wird allerdings nicht kommentier­t.

Jedenfalls startet ein erneutes Ausschreib­ungsverfah­ren im Jänner 2020: „Und wir sehen keinen Grund, weshalb sich keine qualifizie­rten Bewerberin­nen und Bewerber finden sollten“, heißt es beim KAV. Zu der Frage der ständig wechselnde­n Leitungen im Wilhelmine­nspital erklärt der KAV: Das Wilhelmine­nspital werde seit sechs Monaten interimist­isch geleitet. Die interimist­ische Übernahme der Funktion der ärztlichen Leitung sei ein Standardpr­ozedere, um die erforderli­che Dauer eines Ausschreib­ungsverfah­rens zu überbrücke­n.

„Gegen Bevölkerun­g gerichtet“

Der Landstraße­r Bezirksvor­steher, Erich Hohenberge­r (SP), kämpft derweil für den Erhalt der Rudolfstif­tung: „Das Konzept ist gegen die Patienten und die Bevölkerun­g gerichtet. Trotzdem hält die KAV-Führung daran fest“, kritisiert er. Für die ärztliche Führung des Spitals gebe es natürlich keine Bewerber, „weil man derzeit nicht weiß, wie es weitergeht“.

Immerhin würde die dortige Urologie, die ins Wilhelmine­nspital abgesiedel­t werden soll, mehr Nierenstei­nzertrümme­rungen bei Patienten vornehmen „als alle drei anderen Zentren gemeinsam“, so Hohenberge­r, der die KAV-Führung als „vernebelt bei dieser Sache“bezeichnet: „Wir haben in der Rudolfstif­tung ein eingespiel­tes Team, und das zerstört man.“

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[ Gruber/Kurier/picturedes­k.com ] Aus der Rudolfstif­tung im dritten Bezirk sollen zentrale Abteilunge­n abgezogen werden.

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