Was die neue Regierung plant
Wird Diesel teurer? Kommt ein Mindestlohn? Das Programm wird heute vorgestellt. Vorab sind zumindest einige Details durchgesickert.
Es ist ein Neujahrsbaby geworden. Am Dienstag wurde die türkis-grüne Premiere fixiert, drei Monate nach der Wahl wurden die Verhandlungen mehr oder weniger feierlich abgeschlossen.
Deren Inhalt soll heute, Donnerstag (16 Uhr), in der Akademie der Wissenschaften präsentiert werden. Die Angelobung folgt nächste Woche. Davor muss aber noch am Samstag der grüne Bundeskongresses abstimmen. Nur: Worüber? Denn man kennt zwar die Köpfe der Regierung (siehe S. 2 und 3), aber nicht ihr Programm. Oder nur in Umrissen. Betrachtet man, was bisher durchgesickert ist, gilt aber für das Programm Ähnliches wie für die Aufteilung der Ministerien: Den Regierungspartnern in spe war es vor allem wichtig, bei ihren Herzensthemen zu punkten. Die Grünen taten das bei Umwelt und Klima, die ÖVP bei Migration und Sicherheit.
Migration und Sicherheit: Hier bleibt man auf Kurs, das war türkise Bedingung, auch, um der FPÖ keinen Raum zu lassen. Symbolträchtig wird ein eigenes Integrationsministerium direkt in Kurz’ Kanzleramtsministerium implementiert. Auch im Innenministerium bleibt man „auf Schiene“. Die Einführung der elektronischen Identität soll ebenso vorangetrieben werden wie die Umsetzung der umstrittenen Bundesagentur für Asyl. Laut „Standard“ist auch die „Präventivhaft“nicht ad acta gelegt. Ansonsten geht es im Innenministerium vor allem um eines: Es soll Ruhe einkehren. Auch im BVT. Neo-Minister Karl Nehammer muss das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung reformieren, schon, um das Vertrauen der internationalen Partnerdienste wiederzugewinnen.
Da bedarf es auch eines Wechsels der Spitze: Direktor Peter Gridling hegt ohnehin Pensionspläne – sein Vize, Dominik Fasching, der das Amt de facto leitet, hat weder die erforderliche formale Qualifikation als Nachfolger noch genießt er das Vertrauen der ÖVP. Auch die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit muss neu aufgestellt werden. Nehammer hat einiges zu tun. Dem Vernehmen nach hat er sich bereits Unterstützung gesucht: Andreas Achatz, Eminenz im Innenministerium und Ex-Kabinettschef von Karoline Edtstadler, soll seiner werden. Und Generalsekretäre soll es in den Ministerien weiterhin geben.
Umwelt und Klima: Hier sollen – Stichwort Klimaneutralität –„umweltschädliche Subventionen“abgeschafft werden. Als größte gilt das steuerliche Dieselprivileg. Dieses könnte – auch wenn das nicht dezidiert im
Abkommen steht – fallen. Laut einer vom ÖAMTC (der auch für die Abschaffung wäre) in Auftrag gegebenen Studie würde das dazu führen, dass der Tanktourismus zum Erliegen kommt und der heimische Verbrauch von etwas mehr als zehn auf 8,4 Milliarden Liter sinken könnte. Die Ausgaben für Autofahrer und Frächter würden freilich um 500 Mio. Euro im Jahr steigen, in Summe würde der Fiskus wegen des Verbrauchsrückgangs aber weniger Mineralölsteuer (MöSt) einnehmen. Aber nicht nur Diesel, auch Fliegen könnte künftig etwas teurer werden: Dem Vernehmen nach soll Kerosin höher besteuert werden – wobei die ÖVP stets gegen einen österreichischen Alleingang war. Allerdings sind die Maßnahmen in Richtung eines CO2-Preises nur ein Teil einer ökologischen Steuerreform, die zusätzlich Entlastung bringen soll. Die Grünen haben im Wahlkampf betont, dass diese aufkommensneutral sein wird (d. h. andere Steuern müssen sinken bzw. muss es eine Art Ökobonus geben). Bei den Investitionen soll es zudem zu der von den Grünen gewünschten Schwerpunktverschiebung kommen: Auf Kosten des Straßenbaus soll der Ausbau des öffentlichen Verkehrs massiv gefördert werden. Die öffentlichen Verkehrsmittel sollen auch billiger werden. Eine Art Österreich-Ticket ist in Planung – also ein günstiges Ticket, das für alle öffentlichen Verkehrsmittel gelten soll. Das Wiener U-Bahn-Ticket für 365 Euro, ebenfalls eine grüne Initiative, ist das Vorbild, das auf ganz Österreich umgelegt werden soll. Und – bereits bekannt: Tempo 140, das unter Türkis-Blau testweise auf der Autobahn eingeführt wurde, ist Geschichte.
Soziales: Für die Umwelt mussten die Grünen anderswo Abstriche machen – im Kapitel Soziales soll es dennoch für beide herzeigbare Kompromisse geben: Wie sowohl aus grünen als auch türkisen Verhandlerkreisen zu hören ist, soll es einen Mindestlohn für all jene geben, die nicht durch einen Kollektivvertrag abgesichert sind. Das nützt der ÖVP (Abgrenzung zur Mindestsicherung)g g und den Grünen (Besetzen des Sozialthemas in Konkurrenz mit mi derÖ)..SPÖ) de SP Auch bei den Einpersonenunternehmen (EPU) – eine Gruppe, in der sich grüne und türkise Klientel mischt – hat man eine Lösung für ein „soziales“Problem gefunden: Viele der EPU erleiden nach drei Jahren finanziellen Schiffbruch, wenn sie mit den Nachzahlungen für die Sozialversicherung konfrontiert werden. Nun soll der Durchrechnungszeitraum verlängert werden.
Justiz: Eine leserliche grüne Handschrift gibt es auch beim Thema Justiz, Stichwort Informationsfreiheit. Das Amtsgeheimnis soll fallen.