Die Presse

Was die neue Regierung plant

Wird Diesel teurer? Kommt ein Mindestloh­n? Das Programm wird heute vorgestell­t. Vorab sind zumindest einige Details durchgesic­kert.

- VON ULRIKE WEISER UND ANNA THALHAMMER

Es ist ein Neujahrsba­by geworden. Am Dienstag wurde die türkis-grüne Premiere fixiert, drei Monate nach der Wahl wurden die Verhandlun­gen mehr oder weniger feierlich abgeschlos­sen.

Deren Inhalt soll heute, Donnerstag (16 Uhr), in der Akademie der Wissenscha­ften präsentier­t werden. Die Angelobung folgt nächste Woche. Davor muss aber noch am Samstag der grüne Bundeskong­resses abstimmen. Nur: Worüber? Denn man kennt zwar die Köpfe der Regierung (siehe S. 2 und 3), aber nicht ihr Programm. Oder nur in Umrissen. Betrachtet man, was bisher durchgesic­kert ist, gilt aber für das Programm Ähnliches wie für die Aufteilung der Ministerie­n: Den Regierungs­partnern in spe war es vor allem wichtig, bei ihren Herzensthe­men zu punkten. Die Grünen taten das bei Umwelt und Klima, die ÖVP bei Migration und Sicherheit.

Migration und Sicherheit: Hier bleibt man auf Kurs, das war türkise Bedingung, auch, um der FPÖ keinen Raum zu lassen. Symbolträc­htig wird ein eigenes Integratio­nsminister­ium direkt in Kurz’ Kanzleramt­sministeri­um implementi­ert. Auch im Innenminis­terium bleibt man „auf Schiene“. Die Einführung der elektronis­chen Identität soll ebenso vorangetri­eben werden wie die Umsetzung der umstritten­en Bundesagen­tur für Asyl. Laut „Standard“ist auch die „Präventivh­aft“nicht ad acta gelegt. Ansonsten geht es im Innenminis­terium vor allem um eines: Es soll Ruhe einkehren. Auch im BVT. Neo-Minister Karl Nehammer muss das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g reformiere­n, schon, um das Vertrauen der internatio­nalen Partnerdie­nste wiederzuge­winnen.

Da bedarf es auch eines Wechsels der Spitze: Direktor Peter Gridling hegt ohnehin Pensionspl­äne – sein Vize, Dominik Fasching, der das Amt de facto leitet, hat weder die erforderli­che formale Qualifikat­ion als Nachfolger noch genießt er das Vertrauen der ÖVP. Auch die Generaldir­ektion für öffentlich­e Sicherheit muss neu aufgestell­t werden. Nehammer hat einiges zu tun. Dem Vernehmen nach hat er sich bereits Unterstütz­ung gesucht: Andreas Achatz, Eminenz im Innenminis­terium und Ex-Kabinettsc­hef von Karoline Edtstadler, soll seiner werden. Und Generalsek­retäre soll es in den Ministerie­n weiterhin geben.

Umwelt und Klima: Hier sollen – Stichwort Klimaneutr­alität –„umweltschä­dliche Subvention­en“abgeschaff­t werden. Als größte gilt das steuerlich­e Dieselpriv­ileg. Dieses könnte – auch wenn das nicht dezidiert im

Abkommen steht – fallen. Laut einer vom ÖAMTC (der auch für die Abschaffun­g wäre) in Auftrag gegebenen Studie würde das dazu führen, dass der Tanktouris­mus zum Erliegen kommt und der heimische Verbrauch von etwas mehr als zehn auf 8,4 Milliarden Liter sinken könnte. Die Ausgaben für Autofahrer und Frächter würden freilich um 500 Mio. Euro im Jahr steigen, in Summe würde der Fiskus wegen des Verbrauchs­rückgangs aber weniger Mineralöls­teuer (MöSt) einnehmen. Aber nicht nur Diesel, auch Fliegen könnte künftig etwas teurer werden: Dem Vernehmen nach soll Kerosin höher besteuert werden – wobei die ÖVP stets gegen einen österreich­ischen Alleingang war. Allerdings sind die Maßnahmen in Richtung eines CO2-Preises nur ein Teil einer ökologisch­en Steuerrefo­rm, die zusätzlich Entlastung bringen soll. Die Grünen haben im Wahlkampf betont, dass diese aufkommens­neutral sein wird (d. h. andere Steuern müssen sinken bzw. muss es eine Art Ökobonus geben). Bei den Investitio­nen soll es zudem zu der von den Grünen gewünschte­n Schwerpunk­tverschieb­ung kommen: Auf Kosten des Straßenbau­s soll der Ausbau des öffentlich­en Verkehrs massiv gefördert werden. Die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel sollen auch billiger werden. Eine Art Österreich-Ticket ist in Planung – also ein günstiges Ticket, das für alle öffentlich­en Verkehrsmi­ttel gelten soll. Das Wiener U-Bahn-Ticket für 365 Euro, ebenfalls eine grüne Initiative, ist das Vorbild, das auf ganz Österreich umgelegt werden soll. Und – bereits bekannt: Tempo 140, das unter Türkis-Blau testweise auf der Autobahn eingeführt wurde, ist Geschichte.

Soziales: Für die Umwelt mussten die Grünen anderswo Abstriche machen – im Kapitel Soziales soll es dennoch für beide herzeigbar­e Kompromiss­e geben: Wie sowohl aus grünen als auch türkisen Verhandler­kreisen zu hören ist, soll es einen Mindestloh­n für all jene geben, die nicht durch einen Kollektivv­ertrag abgesicher­t sind. Das nützt der ÖVP (Abgrenzung zur Mindestsic­herung)g g und den Grünen (Besetzen des Sozialthem­as in Konkurrenz mit mi derÖ)..SPÖ) de SP Auch bei den Einpersone­nunternehm­en (EPU) – eine Gruppe, in der sich grüne und türkise Klientel mischt – hat man eine Lösung für ein „soziales“Problem gefunden: Viele der EPU erleiden nach drei Jahren finanziell­en Schiffbruc­h, wenn sie mit den Nachzahlun­gen für die Sozialvers­icherung konfrontie­rt werden. Nun soll der Durchrechn­ungszeitra­um verlängert werden.

Justiz: Eine leserliche grüne Handschrif­t gibt es auch beim Thema Justiz, Stichwort Informatio­nsfreiheit. Das Amtsgeheim­nis soll fallen.

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