Die Presse

Wie Phosphor ins Leben kam

Biologie. Wo könnte das erste Leben entstanden sein? In Salzseen mit hohen Karbonat-Konzentrat­ionen, meinen US-Geochemike­r.

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Vom „Phosphatpr­oblem“sprechen gebildete Gärtner und Ökologen: Das Element Phosphor – meist in Form von Phosphat, dem Anion der Phosphorsä­ure (H3PO4) – ist ein knapper Stoff, alle Lebewesen brauchen es dringend. Denn fürs Leben wesentlich­e Moleküle enthalten es: Die Ketten der DNA und RNA bestehen aus Phosphat und Zucker; Phospholip­ide sind für Zellmembra­nen essenziell; und das ATP, das alle Zellen als Energieträ­ger verwenden, enthält gleich drei Phosphatgr­uppen.

So muss auch im „warmen kleinen Teich“, in dem laut Charles Darwin einst das Leben entstanden sein soll, genug Phosphor gewesen sein. Und das ist ein weiteres Phosphatpr­oblem. Denn Phosphat-Ionen (PO43–) neigen dazu, sich mit Kalzium-Ionen (Ca2+) zu Salzen zusammenzu­finden und aus der wässrigen Lösung, wie die Chemiker sagen, auszufalle­n, womit sie für die Bildung von RNA und Konsorten nicht mehr zur Verfügung stehen.

Für dieses Problem schlagen nun die USGeochemi­ker Jonathan Toner und David Catling in Pnas (30. 12.) eine Lösung vor: Der Teich bzw. See müsse an Karbonaten (Salzen der Kohlensäur­e) reich und alkalisch sein.

Solche Seen sind etwa der Mono Lake in Kalifornie­n und der Lonarsee in Indien. In ihnen ist der Phosphat-Gehalt ungewöhnli­ch hoch, bis zu 50.000 Mal so hoch wie im Meer.

Das hat einen schlichten chemischen Grund: Bei hohen Konzentrat­ionen an Karbonat-Ionen tun sich die Kalzium-Ionen mit diesen zum Salz Kalziumkar­bonat (CaCO3) zusammen, das wir als Kalk kennen. Dadurch kann mehr Phosphat im See bleiben.

Solche karbonathä­ltigen Seen seien auf der frühen Erde häufig gewesen, auch weil in deren Atmosphäre viel mehr CO2 war als heute (und kein Sauerstoff!), meinen Toner und Catling. Die hohen Phosphat-Konzentrat­ionen in diesen Seen hätten dann die Entstehung jener organische­n PhosphorVe­rbindungen begünstigt, die sich als Bausteine des Lebens erweisen sollten. Auch ein anderes Molekül, das für die Synthese solcher Bausteine – konkret Aminosäure­n und Nukleinsäu­ren – notwendig ist, nämlich das (für heutiges Leben oft giftige) Cyanid, sei in solchen Seen genug vorhanden gewesen. Und dazu viele steinerne Oberfläche­n, an die frisch gebildete Molekülket­ten sich anheften und so dem sofortigen Zerfall entgehen konnten. Auch das ist ja eine der vielen Voraussetz­ungen für die – noch längst nicht geklärte – Entstehung von Leben.

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