Die Presse

Die sagen wichtigste­n des Regie- Pasrungspr­ogramms – mit einer Bewertung der „Presse“Redaktion

Türkis-Grün. Kopftuchve­rbot, Sicherungs­haft, Transparen­zpaket: Die wichtigste­n Passagen des Regierungs­programms im Wortlaut – und eine Bewertung der „Presse“-Redaktion.

- (pri/ib)

Gleich zweimal verwendete Sebastian Kurz bei der Präsentati­on des türkis-grünen Programms einen Satz, der beiläufig klingt, aber als Botschaft an jene Türkisen bzw. Schwarzen verstanden werden kann, die einer Koalition mit den Grünen nach wie vor kritisch gegenübers­tehen: Die neue Regierung wolle „respektvol­l mit der Umwelt und mit der Schöpfung umgehen“. Gemeint ist das Gleiche, je nachdem, woran man glaubt.

„Wir haben es uns nicht leicht gemacht, wir sind nicht an der Oberfläche geblieben“, sagte Kurz am Donnerstag in der Aula der Wissenscha­ften. Daher hätten die Verhandlun­gen lange gedauert. „Wir wollten uns nicht auf einen Minimalkom­promiss runterverh­andeln.“Stattdesse­n habe man „das Beste aus beiden Welten vereint“, damit beide Parteien ihre zentralen Wahlverspr­echen einlösen könnten.

Kurz nannte fünf Schwerpunk­te aus dem 326 Seiten dicken Papier, die aus Sicht der ÖVP wesentlich seien. Erstens: Steuern. In der Lohn- und Einkommens­teuer werden die Progressio­nsstufen auf 20, 30 und 40 Prozent gesenkt. Eine Taskforce wird eingesetzt, um eine ökosoziale Steuerrefo­rm vorzuberei­ten. Das Ganze ist aufkommens­neutral geplant, man wolle keine neuen Schulden machen.

Im Bereich Migration/Integratio­n wird Kurz seine „konsequent­e Linie“auch mit den Grünen fortsetzen. Das beinhaltet einen besseren Schutz der EU-Außengrenz­en („Die Verteilung der Flüchtling­e in Europa ist gescheiter­t“), „Rückkehrze­ntren in Österreich für Menschen mit negativem Asylbesche­id“, mehr Deutschkur­se, eine Joboffensi­ve für Asylberech­tigte und ein schärferes Vorgehen gegen den politische­n Islam. Etwa durch ein Kopftuchve­rbot bis zur Religionsm­ündigkeit, also bis zum 14. Lebensjahr.

Türkis-Grün will eine Pflegevers­icherung einführen, als fünfte Säule der Sozialvers­icherung. Die Polizei bekommt mehr Personal, beim Bundesheer wird die Miliz aufgestock­t und die Teiltaugli­chkeit für den Grundwehrd­ienst eingeführt. In den Schulen soll es die Deutschför­derklassen weiter geben. Und der Ethikunter­richt wird für jene verpflicht­end, die sich vom Fach Religion abmelden.

Die Ressorts, so Kurz, seien entlang jener Bereiche verteilt worden, „in denen sich die Parteien besonders einbringen wollen“. Inklusive Bundeskanz­ler kommt die ÖVP auf zwölf Ministerie­n. Die Grünen stellen den Vizekanzle­r und drei Minister. Dazu kommt je ein Staatssekr­etär.

Werner Kogler, grüner Vizekanzle­r in spe, sieht „die neuen Konservati­ven“und die Grünen auf dem Vormarsch in Europa. „Wenn das die Herausford­erung ist, hier zusammenzu­kommen, ist es das Wagnis wert.“Möglicherw­eise habe die türkis-grüne Koalition „Vorbildwir­kung für Europa“. Die Grünen hätten im Unterschie­d zur ÖVP „nur diese eine Möglichkei­t“gehabt.

Kogler strich das Transparen­zpaket („führend in Europa“) und das Klimaschut­zkapitel („einzigarti­g“) hervor. Eine CO2-Bepreisung werde kommen. Dass manche Vorhaben „schmerzlic­h für die eine oder andere Seite“seien, leugnete der Grünen-Chef nicht. Aber die Kompromiss­bildung sei eben anders als gewöhnlich gewesen. Die geplante Sicherungs­haft im Asylbereic­h, von Teilen der grünen Basis scharf kritisiert, verteidigt­e Kogler als verfassung­skonform und ohnehin nur für Einzelfäll­e gedacht.

Koalitions­freier Raum im Bereich Migration

Der Pakt beinhaltet auch einen koalitions­freien Raum, bezeichnen­derweise im Bereich Asyl und Migration. Hier ist ein „Modus zur Lösung von Krisen“vorgesehen: Zunächst wird ein Koordinier­ungsaussch­uss mit dem Problem befasst, danach reden Kanzler und Vizekanzle­r. Einigt sich die Regierungs­spitze nicht, kann „jener Koalitions­partner, der die Initiative betreibt, berechtigt dieses Gesetzesvo­rhaben im Nationalra­t als Initiativa­ntrag einbringen“– und sich damit andere Mehrheiten suchen.

 ?? [ APA/Hans Klaus Techt ] ?? Kanzler und Vizekanzle­r in spe: Sebastian Kurz (l.) und Werner Kogler am Donnerstag in der Aula der Wissenscha­ften.
[ APA/Hans Klaus Techt ] Kanzler und Vizekanzle­r in spe: Sebastian Kurz (l.) und Werner Kogler am Donnerstag in der Aula der Wissenscha­ften.

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