Wie Lunacek als Letzte in die Regierung kam
Hintergrund. Grüne Selbstfesselung, türkise Dominanz: Die Besetzung des letzten freien Postens wurde zu einer höchst komplizierten Angelegenheit. Ulrike Lunacek, Nationalratswahl-Spitzenkandidatin 2017, ist nun Staatssekretärin für Kultur.
Alle Minister standen am 1. Jänner bereits fest, als Sebastian Kurz und Werner Kogler am Abend zur Verkündigung der Koalitionseinigung schritten – nur das grüne Staatssekretariat war noch unbesetzt. Und diese Geschichte erzählt dann sowohl etwas über das Innenleben der Grünen als auch etwas über das nunmehrige Innenleben der türkis-grünen Koalition. Es ist eine Geschichte der Selbstfesselung und der Dominanz.
Grundsätzlich hätten die Grünen gern einen Staatssekretär im Finanzministerium gehabt – und diesen Posten mit dem KoglerVertrauten und Finanzexperten Josef Mei
chenitsch, der auch in der Steuerungsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen saß, besetzt. Als Ministerin für Kunst und Kultur, eventuell auch für Frauen, war lang Eva
Blimlinger gehandelt worden. Die Agenden Kunst, Kultur und Frauen hatten sich die Grünen bereits ausverhandelt.
Doch die ÖVP wollte den Grünen nur vier Ministerien und ein Staatssekretariat zugestehen. Nachdem die vier Ministerien aufgeteilt waren, das Vizekanzleramt für Werner Kogler, Soziales für Rudolf Anscho
ber, Verkehr für Leonore Gewessler und Justiz für Alma Zadic,´ blieb für Kunst und Kultur nur noch die Möglichkeit eines Staatssekretariats. Ein eigenes Frauenministerium war somit ebenfalls ausgeschlossen. In den Verhandlungen war zuvor schon die Rede davon gewesen, dass es ohnehin gescheiter wäre, die Frauenagenden aus budgetären Gründen an ein anderes Ministerium anzudocken.
Am 1. Jänner kam dann noch einmal Bewegung in die Sache. Die ÖVP nominierte Magnus Brunner als Staatssekretär für das (grüne) Infrastrukturministerium. Bei den Grünen sorgte das für Unruhe. Brunner wurde als „Aufpasser“in ihrem Ressort wahrgenommen. In der ÖVP heißt es, die Grünen-Führung hätte das gewusst.
Wie auch immer: Nun wurde bei den Grünen überlegt, selbst einen „Aufpasser“in ein wichtiges Ressort, nämlich in das ÖVPgeführte Finanzministerium, zu setzen. Doch da stand man wiederum vor der Krux der eigenen Vorgaben zur Geschlechterparität – es dürfen nicht mehr Männer als Frauen in der Regierung sein. Bei den Ministern stand es 2:2. Für das Finanzstaatssekretariat musste also eine Frau gefunden werden. Oder aber: Die Grünen bekommen von der ÖVP noch ein zusätzliches Ministerium, nämlich für Kunst und Kultur, eventuell auch für Frauen – und besetzen es mit einer Frau. Damit wäre wiederum der Weg für Meichenitsch als Finanzstaatssekretär frei gewesen.
Doch die ÖVP blieb hart. An der Formel „Vier plus eins“sei nicht zu rütteln. Die „Salzburger Nachrichten“brachten dann im Lauf des 1. Jänner Ulrike Lunacek als Staatssekretärin ins Spiel. Bei den Grünen wollte man das (noch) nicht bestätigen: Alles sei noch im Fluss, keine Entscheidung gefallen.
Susanne Raab ist Frauenministerin
Diese fiel dann am Donnerstag: Ulrike Lunacek wird Staatssekretärin für Kunst und Kultur im Vizekanzleramt von Werner Kogler. Und die Frauenagenden wandern zur ÖVP. Zu Integrationsministerin Susanne Raab.
Diese sagte einmal, man müsse bei der Integration bei den Frauen ansetzen, genauer gesagt bei den Müttern, denn diese seien die „Integrationsmotoren“bei der Bildung ihrer Kinder.
Um Ulrike Lunacek war es zuletzt still geworden. Sie verhandelte nun aber für die Grünen bei den Koalitionsgesprächen mit. Und vor Weihnachten war sie zur Vizepräsidentin der Europäischen Bewegung Österreich (EBÖ) gewählt worden, Präsident ist der ehemalige Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Für die Grünen hat Lunacek in den vergangenen Jahren zwei Wahlen als Spitzenkandidatin geschlagen. Sehr erfolgreich die EU-Wahl 2014: Sie erreichte mit 14,5 Prozent das bis heute beste Ergebnis ihrer Partei bei einer bundesweiten Wahl. Das schlechteste hatte sie dann aber auch zu verantworten. Nach dem überraschenden Rücktritt von Eva Glawischnig sprang sie 2017 als Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl ein: Die Grünen flogen mit 3,8 Prozent aus dem Parlament. Nun sind die Grünen wieder da. Und Lunacek auch.