Verheerende Folgen für Australiens Flora und Fauna
Australien. Auf Kangaroo Island ist bei den Buschbränden die Hälfte der dortigen Koalas verbrannt. Auch andere Arten könnten dezimiert werden. Regen brachte am Montag Atempause.
Nicht nur Menschenleben und Ortschaften sind durch die seit Wochen wütenden Buschbrände in Australien bedroht – auch die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt trägt schwere Schäden davon. Mehr als
5,5 Millionen Hektar Land wurden bisher verwüstet. Allein im Bundesstaat New South Wales kamen fast eine halbe Milliarde Tiere in den Flammen ums Leben. Im südaustralischen Naturparadies Kangaroo Island (Bild) ist mindestens die Hälfte der insgesamt 50.000 dort lebenden Koalas verbrannt.
Sydney. Die Nase ist angesengt, das Fell verkohlt, die Pfoten verbrannt: Das Foto eines Koalas, der in einen Tierpark auf Kangaroo Island eingeliefert wurde, ist herzerweichend (siehe Foto unten). Dabei hat er Glück im Unglück gehabt. Tausende andere kamen in den Feuern, die derzeit im australischen Naturparadies Kangaroo Island lodern, ums Leben. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als die Hälfte der insgesamt 50.000 Koalas der Insel verendet sein könnten.
Die derzeitigen Buschbrände in Australien lodern seit Monaten, und Kangaroo Island ist nur eine der betroffenen Regionen. Seit einer Woche eskaliert die Lage in gleich mehreren Bundesstaaten. Die extremen Temperaturen der letzten Tage fachten die Feuer weiter an. „Ich kann ehrlich sagen, dass ich noch nie eine solche Feueraktivität gesehen habe“, sagt Dean Gray, der 18 Jahre als Berufsfeuerwehrmann gearbeitet hat. „Diese Brände sind beispiellos.“
Vielerorts sind die Feuer so intensiv, dass sie ihre eigenen Wettersysteme bilden. „Dies ist der größte, der absolut größte Notfall, den wir jemals hatten“, bestätigt John White, der Bürgermeister von East Gippsland, einer besonders betroffenen Region im Südosten.
Seit die ersten Brände im Frühling auf der Südhalbkugel begannen, sind acht Millionen Hektar abgebrannt. Im Vergleich: Im Amazonas-Regenwald zerstörten Feuer im Vorjahr 900.000 Hektar, während in der sibirischen Taiga 2,6 Millionen Hektar in Asche verwandelt wurden. Die knochentrockene Landschaft – Australien leidet unter einer extremen Dürre – erlaubte dem Feuer, sich rasant schnell auszubreiten. Selbst die Millionenstadt Sydney war zu einem Zeitpunkt von Feuern eingekesselt.
Halbe Milliarde Tiere getötet
Bisher sind mindestens 25 Menschen gestorben, eine halbe Milliarde Tiere ist vermutlich ums Leben gekommen. Einige Arten könnten durch die Verwüstung an den Rand des Aussterbens gebracht werden. Mindestens 1700 Häuser sind abgebrannt, doch die Zahl wird deutlich steigen, nachdem nach wie vor etliche Regionen nicht erreichbar sind. In manchen Orten ist die gesamte Innenstadt verwüstet. Frustrierend für die Rettungskräfte ist, dass es inmitten der Katastrophe nach wie vor Menschen gibt, die unabsichtlich oder gar bewusst Feuer legen. So verhaftete die Polizei einen 79-Jährigen in Südaustralien, der mit Absicht vier Feuer gelegt haben soll.
Während südlich von Sydney Tausende aufgerufen waren, das Gebiet zu evakuieren, holte im Bundesstaat Victoria die Marine eingeschlossene Menschen aus den Feuerregionen. 25 Orte in der Region sind nach wie vor wegen der Feuer oder zerstörter Brücken nicht erreichbar. Hier warf das Militär Satellitentelefone, Lebensmittel und Verhaltensanweisungen aus der Luft ab. Tausende Atemmasken sollen in den nächsten Tagen an Rettungskräfte, Polizei und die Menschen verteilt werden, die in den betroffenen Regionen bleiben wollen, nachdem der Rauch vielerorts die Luft völlig verpestet hat. Einige Passagierflüge in Australien mussten wegen der Rauchentwicklung umgeleitet werden. Vor allem die Hauptstadt Canberra ist in Smog gehüllt. Dort blieben am Montag einige Ämter geschlossen.
Neben der Armee wurden inzwischen auch 3000 Reservisten eingezogen, die helfen sollen, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Außerdem sollen vier neue Flugzeuge im Kampf gegen die Feuer eingesetzt werden. Für viele Feuerwehrleute sei das jedoch „zu wenig zu spät“, sagt Ex-Feuerwehrmann Dean Gray. Ihn verärgert besonders, dass ehemalige Feuerwehrchefs den Premierminister bereits im April treffen wollten, um ihre Besorgnis über die anstehende Buschfeuersaison zum Ausdruck zu bringen. Morrison hatte ein Treffen damals jedoch abgelehnt.
„Schon immer“Katastrophen
Überhaupt steht das Krisenmanagement Morrisons seit Tagen in der Kritik. Zunächst fuhr er mit seiner Familie nach Hawaii in Urlaub, später spielte er die Krise herunter: „Solche Katastrophen“habe es „schon immer“in Australien gegeben. Als er mit Tagen Verspätung schließlich die ersten betroffenen Gemeinden besuchte, hatten Buschfeueropfer und Feuerwehrleute nur noch wenig freundliche Worte für ihn.
Während die Regierung versagt, kommen die Bürger zusammen. Menschen in ganz Australien organisieren Essen und Hilfsmittel für die Betroffenen, viele haben ihr Haus geöffnet, um Menschen aufzunehmen, die evakuieren mussten oder ihr Haus verloren haben. Die Dankbarkeit gegenüber den mutigen Feuerwehrleuten ist groß. „Was aus all der Finsternis, der persönlichen Trauer und dem Verlust heraus inspiriert, ist der Freiwilligengeist“, sagte Ex-Premier John Howard. „Sie sind großartig, diese Männer und Frauen, die freiwillig für die Feuerwehr arbeiten.“