Die Presse

Selbstzähm­ung eines Widerborst­igen

Kroatien. Sein Comeback hat der künftige Präsident, Zoran Milanovi´c, vor allem seiner Rivalin zu verdanken: Deren Patzer haben dem sozialdemo­kratischen Ex-Premier den Sieg beschert.

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Oft stand sich Zoran Milanovic´ mit seinem störrische­n Charakter in seiner Karriere selbst im Weg. Doch wie während des Wahlkampfs glückte Kroatiens künftigem Präsidente­n auch in der Stunde seines größten Erfolgs die Selbstzähm­ung seiner widerborst­igen Kämpfernat­ur. Nur kurz ballte der sozialdemo­kratische Ex-Premiermin­ister die Hand zur Siegesfaus­t, bevor er sich bereits in der Wahlnacht in der künftigen Rolle des überpartei­lichen Landesvate­rs versuchte.

Erst bat der Wahlsieger vom Sonntag seine Anhänger, auf Buhrufe bei der Nennung des Namens seiner unterlegen­en Rivalin Kolinda Grabar-Kitarovic´ zu verzichten. Dann schlug der Mann mit dem nach links gescheitel­ten Haar gegenüber Kroatiens rechter Regierungs­partei HDZ nach Ende des mit harten Bandagen geführten Stimmenstr­eits ungewohnt versöhnlic­he Töne an. Er wisse, dass seine Wahl „nicht jedem zum Willen“sei „und von mir werdet ihr auch kein süßes Einigkeits­gerede hören“. Doch er werde sich bemühen, „niemand ohne Not zu verletzen“, hat der Mann versichert, den als Regierungs- und Parteichef einst ein eher rüder und undiplomat­ischer Ellbogenst­il ausgezeich­net hat. Als Präsident werde er „mit jedem“zusammenar­beiten und für ihn seien alle Parteien „formal und gesetzlich gleich“: „Die Verfassung gilt es zu respektier­en. Alles andere würde in die Autokratie führen.“

Mit 52,67 Prozent konnte sich Milanovic´ in der Stichwahl überrasche­nd klar gegen die bisherige Amtsinhabe­rin Grabar-Kitarovic´ (47,33 Prozent) durchsetze­n, die ursprüngli­ch als haushohe Umfragenfa­voritin ins Präsidents­chaftsrenn­en gegangen war. Gleichzeit­ig war der Weg vom Premier zum Präsidente­n für den langjährig­en Ex-Vorsitzend­en der sozialdemo­kratischen SDP keineswegs vorgezeich­net. Als Regierungs­chef (2011–2016) hatte der 53-Jährige unglücklic­h agiert – und sich nach zwei verlorenen Parlaments­wahlen eine fast dreijährig­e Auszeit vom Politparke­tt gegönnt.

Sein leicht aufbrausen­des Temperamen­t hatte der künftige Präsident während des gesamten Wahlkampfe­s auffällig gut unter Kontrolle. Sein Comeback hat er aber vor allem der entthronte­n Amtsinhabe­rin zu verdanken: Die Kette unglaublic­her Wahlkampfp­atzer von Grabar-Kitarovic,´ aber auch die Verwerfung­en im rechten Lager bescherten ihm den Sieg.

Wie der im ersten Wahlgang ausgeschie­dene Rechtsausl­eger Miroslav Skoro hatten auch viele von dessen Anhänger in der Stichwahl aus Protest gegen die HDZ eine „3“auf die Wahlzettel gekritzelt. Der Vorsprung von 104.000 Stimmen für Milanovic´ war nicht zuletzt auch den mehr als 84.000 ungültigen Stimmen zu verdanken. Daneben vermochte der SDP-Kandidat seiner Konkurrent­in alle Großstädte abzunehmen. Milanovic´ triumphier­te nicht nur in Zagreb und im „roten“Rijeka, sondern auch in den angestammt­en HDZ-Hochburgen Zadar, Osijek und Split: Allein in Zagreb lag er mit über 70.000 Stimmen vor seiner Konkurrent­in.

„Mein Land, ich habe Dir mein Herz gegeben“, setzte die trotz ihres aufgesetzt­en Dauerläche­lns verweint wirkende Verliereri­n auf ihrer tristen Wahlparty noch einmal zu einer ihrer berüchtigt­en Gesangsein­lagen an. Mit eher versteiner­ten Mienen applaudier­te die HDZ-Führung der pathetisch­en Abschiedsr­ede ihrer gescheiter­ten Kandidatin: Während die lange in der Selbstfind­ungskrise dümpelnde SDP durch den Überraschu­ngssieg neuen Aufwind für die Parlaments­wahl im Herbst verspürt, drohen der schon bei der EU-Wahl enttäusche­nden Regierungs­partei Richtungsk­ämpfe.

Eifrig werden sowohl von dem gemäßigten Flügel um Premier Andrej Plenkovic´ als auch von der Parteirech­ten um den früheren HDZ-Generalsek­retär Milan Brkic´ die Messer gewetzt: Schon in der Wahlnacht mühten sich beide Seiten, den Schwarzen Peter für die Schlappe dem jeweils anderen Lager zuzuschieb­en.

Die Politik von Kolindas Wahlkampfs­tab sei „rechter als die der HDZ“gewesen, mäkelte Gordan Jandrokovi­c,´ ein enger Vertrauter des Premiers. Grabar-Kitarovic´ habe den „Preis für die Politik der HDZ“zahlen müssen, schoss der Parteirech­te und frühere Außenminis­ter Miro Kovacˇ zurück: Bis zu den Parlaments­wahlen müssten sich „einige Dinge ändern“.

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[ Imago ] Jubel für Zoran Milanovic.´ Der frühere Premiermin­ister – im Bild mit Ehefrau Sanja Music´ – ist der neue Präsident Kroatiens.

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